Eat shit – zwei Worte, die die Haltung von RICH KIDS ON LSD nicht treffender beschreiben könnten. Denn auf dem Backcover ihres letzten Studioalbums „Riches To Rags“ streckt Sänger Jason Sears, der nach seinem zwischenzeitlichen Ausstieg 1989 erst kurz vor den Aufnahmen wieder zur Band stieß, das großflächige Tattoo mit selbigem Motto auf seinem Hinterteil in die Kamera. Unverkennbar hatte das Quintett aus Santa Barbara schon seit seinen Anfangstagen eine ordentliche Portion Mittelfinger-Attitüde intus, die es gekonnt in rasend schnelle Songs verpackte. Auch dank ihrer wilden Live-Shows erfreuten sich RKL nicht nur in ihrer Heimat, sondern auch in der europäischen Skaterszene großer Beliebtheit. Bei eingefleischten Fans wurden die Kalifornier vor allem für ihre ersten beiden Studioalben gefeiert. „Riches To Rags“ erhielt hingegen nur mittelmäßige Kritiken, was angesichts des hohen technischen Niveaus und des versierten Songwritings des Albums ungerechtfertigt erscheint: Bereits der erste Track „We’re back, we’re pissed“ drischt erbarmungslos aus den Boxen – noch dazu in einer für damalige Verhältnisse erstaunlich Punkrock-untypischen Produktion mit messerscharfem Metal-Sound. Seinerzeit eine erfrischende Abwechslung zum ansonsten eher sonnigen Punkrock auf Epitaph Records, wo „Riches To Rags“ 1994 erschien. Gewiss klang Jason Sears fauchender Gesang ein wenig gewöhnungsbedürftig, hob die Band aber immer schon deutlich von zeitgenössischen Mitstreitern ab. Daneben bildeten die beiden Gitarristen Barry Ward und Chris Rest ein kongeniales Duo mit überbordender Virtuosität, das seinesgleichen suchte. So scheuten RKL auch nicht vor unzähligen maßlos überladenen Gitarrensoli zurück, sondern bauten diese gekonnt in ihren Stilmix aus Skatepunk, Hardcore und Metal ein. Hört man zudem noch das schwindelerregend schnelle, progressive Bassspiel von Joe Raposo sowie die komplexe Rhythmik von Drummer Dave Raun, wird klar, dass die Kalifornier dem Können der allmächtigen DESCENDENTS in nichts nachstanden. RKL waren nicht nur einfach eine Hardcore-Punk-Band, sie waren die IRON MAIDEN des Punkrock. Doch leider löste sich das Quintett nur zwei Jahre nach „Riches To Rags“ nach dem tragischen Tod von Jason Sears erneut auf und widmete sich anderen Projekten, wie insbesondere der Bruderband LAG WAGON. Letztere bestehen mittlerweile zu vier Fünfteln aus RKL-Mitgliedern, rechnet man Chris Flippin mit dazu, der von 2002 bis 2006 ebenfalls bei RKL die Gitarre übernahm. Umso überraschender kam dann die Meldung Anfang 2024, dass man sich mit Hilfe eines bekannten Mistreiters wiedervereint habe: Tony Foresta, seines Zeichens Sänger der Thrash-Legende MUNICIPAL WASTE, steht nun am Mikrofon.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #175 August/September 2024 und Christoph Siart