1989 ist ein aufregendes Jahr, NOMEANSNO sind auf Tour im Westen, die Ossis auch und der Teichrohrsänger wird zum Vogel des Jahres gekürt. Das heutige Auslaufmodell CD beginnt schlecht klingend endgültig die Schallplatte zu verdrängen, das Usenet der Universitäten entwickelt sich weiter und wird erst ein paar Jahre später zum frei zugänglichem Internet. Schallplatten kauft man aus dem Bauchladen bei Konzerten oder über kleinste Mailorder. Die Anzahl der Veröffentlichungen ist überschaubar und eine Band lernt man durch Mundpropaganda oder auf Live-Konzerten kennen. NOMEANSNO spielen seinerzeit noch wenig bekannt in der Alternative zu Lübeck zum Tanz auf. Während man auf den Beginn wartet, steht auf der Bühne ein älterer Herr im Trenchcoat, den man fälschlicherweise und verwundert vorurteilsfrei als Bandmanager kategorisiert. Wie sich später herausstellt, ist das Rob Wright, seines Zeichens Bassist der Band, und was für einer. Sein acht Jahre jüngerer Bruder John gründet NOMEANSNO zunächst zusammen mit ihm 1979 (!) als Drum’n’Bass-Duo, das erst Jahre später durch Andy Kerr als Gitarrist ergänzt wird.
Auch wenn man im Geiste Punk ist, ignorieren die Brüder von Beginn an alle Genregrenzen und spielen etwas, was von Kritikern damals gerne „Jazzpunk“ tituliert wird, ein Begriff, den die Band vehement ablehnt. Sieht man sie live, versteht man warum, denn NOMEANSNO sind eine groovende vertrackte Macht, die höchst komplexe Strukturen mit auch heute noch unfassbarer Präzision und Wucht vorträgt und damit das Dilettantische am Punk pulverisiert. Jeder der drei ist für sich ein exzellenter Musiker, was in der Hardcore-Szene der Achtziger keine Selbstverständlichkeit ist. In der Summe ist man aber ein perfekt aufeinander eingespieltes Team, das selbst ausgeklügelte Gesangslinien und vertrackte Rhythmen mit seltsamen Pausen locker meistert. All diese Qualitäten perfektionieren NOMEANSNO auf ihrer dritten LP mit dem ikonischen Cover und Titel „Small Parts Isolated And Destroyed“, die in den USA schon ein Jahr zuvor erscheint und auf der Andy Kerr einen Großteil des Gesangs übernimmt, da Rob Wright seinerzeit an Knötchen auf den Stimmbändern leidet. Dessen helle scharfe Stimme macht ausnahmslos alle Songs wie den Titeltrack, den Opener „Dark ages“, „Junk“ oder das epische „Real love“ zu sich einbrennenden Klassikern, die sich mehr an Prog-Rock-Größen wie RUSH orientieren als stumpfer Punk zu sein, für den das Trio zu intelligent und zu wenig verbissen ist. Wenn ein Album nach dreißig Jahren noch so klingt, als ob es seiner Zeit voraus ist, hat man sicher alles richtig gemacht.