20 Jahre später: EAVES

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Höhenangst (LP, Wild-Zero, 2004)

Dampfwalzen-Screamo-Hardcore der Extraklasse, oder um alte Reviews zu zitieren „ein derber Brocken“, ein lärmender „Elektroschock von 10.000 Volt“. Mit dem Album „Höhenangst“ liegt meines Erachtens einer der Klassiker dieses Genres der 1990er Jahre vor. Es ist das Prunkstück und zugleich der Abschluss der kurzen Bandgeschichte von EAVES aus Aachen, die vorher ein Demo und zwei Split-Releases veröffentlicht haben. Stets aufs Neue bin ich komplett überwältigt von dieser Wucht, die in den neun Songs und den 26:51 Minuten Spielzeit schlummert. Die ersten zwei Minuten sind ein instrumentaler Gänsehautgarant. Jeder Durchlauf des Riffs in „Nachts“ löst eine Beklemmung aus, die sich im folgenden Song „Höhenangst“ Bahn bricht. Ab diesem Moment prallt die Energie der eingängigen und bedrohlicher gewordenen Kulisse in die Gehörgänge. Die Instrumente wie auch der Gesang sind von dieser Intensität durchsetzt, die aus jeder Pore die Melodien und Worte herausdrückt, herausdrücken muss, weil es sonst zu viel würde. Die Wortfetzen, die ich auf Anhieb verstehe, sind mehr als nur „entfernte Bekannte“, sie haben sich seit Jahren eingenistet und tauchen, wie hier, öfter auch mal kontextentfremdet auf. Das verleiht mir den Antrieb, die Lyrics nochmals genauer mitzulesen, und schon bin ich beim nächsten Hördurchlauf. Bei diesem schweife ich mit den Gedanken ab, denn bei EAVES steigt mir der Geruch von kaltem Rauch in die Nase und ich habe das Bild eines klebrigen Kickers und der meist schummrigen Beleuchtung des AZ Aachen vor Augen. Die Bandgeschichte ist damit untrennbar verbunden, meine Szenesozialisation gleichwohl auch, selbst wenn ich einige Jahre zu spät dran war, um EAVES live zu sehen. Die Nachfolgeband TRAINWRECK wurde zu meinem Begleiter. Sie setzte die Reise durch die bekannten Szenelokale fort, die mit EAVES begonnen wurde. Passenderweise stieß ich beim Recherchieren im Netz auf ein fast zwanzig Jahres altes Interview im Ox mit EAVES und ihren Split-Partnern ATROX, das das damals für die Szene neue Thema der Messageboards und des Internets aufgreift. Für mich undenkbar, ohne zu leben, und doch schön zu sehen, wie viel Veränderung in ein paar Jahren möglich ist und die Lieblingsalben dennoch oft die gleichen bleiben. Ein Gefühl zwischen beglückender Beständigkeit und notwendigem Umsturz. Lieblingsalben sammelt man, Links im Internet nicht unbedingt, wobei es schade ist, dass es die Seite eaves-laerm.de nicht mehr gibt. Ich würde dort die Musik fern der bekannten Streamingplattformen hören und könnte selbstbewusst ins Forum schreiben: Das Album bedeutet mir viel!