Wenn es eine Band gibt, deren Songs mir automatisch ein Lächeln auf’s Gesicht zaubern können, auch in den beschissensten Situationen, dann ist das H2O. Bis jetzt habe ich auf ihren Shows immer mehr als Spaß empfunden, nein, das war schon Euphorie. Leider empfand ich ihr letztes Album „Go“ zuerst als grobe Enttäuschung, doch mittlerweile sind mir auch die Songs dieses Albums an’s Herz gewachsen. Nur live konnten die Songs nicht überzeugen, denn an dem Tag, als dieses Interview hier entstand, spielten H2O auf der Deconstruction-Tour in Düsseldorf fast nur neue Songs, und ich muss zugeben, ich war erneut enttäuscht. Nach der Show sprach ich dann noch mit Sänger Toby, der mir versprach, auf der Headline-Tour viel mehr alte Songs zu spielen. Überhaupt hat sich Toby als ein sehr netter und ehrlicher Mensch entpuppt, genau wie Todd (die eine Gitarre, Tobys Bruder) und Adam (Bass, Engländer mit kaum verständlichem Akzent). Aber lest selbst, was die Jungs vor der Show zu sagen hatten...
Habt ihr auf so einer großen Tour nicht ein ganz anderes Publikum als sonst?
Toby: Irgendwie ist das Publikum hier fast wie das Publikum, das wir normalerweise in Amerika anziehen, ähnlich wie auf der Warped-Tour.
Adam: Wenn überhaupt sind die Leute hier höchstens etwas älter als die, die in den USA zu uns kommen.
Todd: Hier sind weniger Mädchen. Das vermissen wir. Aber wir mögen auch Typen.
Toby: Und hier wird mehr geraucht.
Ich denke, dass auf so großen Veranstaltungen wie hier nie eine richtige Interaktion zwischen dem Publikum und der Band entsteht.
Toby: Du hast uns hier noch nicht gesehen. Wir gehen ins Publikum und machen generell einiges, um die Leute zu begeistern.
Todd: Es wird nie so intim sein wie eine Club-Show, weil man nicht so nah an den Leuten dran ist und man sich wirklich anstrengen muss, um eine Verbindung zustande zu bringen.Oft gibt es bei so großen Shows natürlich keine Verbindung.Ich habe Bands gesehen, die bei größeren Shows als der hier die Leute richtig begeistert haben.
Toby: Wie U2 bei einer Arena-Show. Die beziehen das Publikum mit ein, das ist der Wahnsinn.
Todd: Manche Bands können eine große Show klein erscheinen lassen. Das versuchen wir auch zu machen.
Wann kommt ihr das nächste mal als Headliner nach Europa?
Toby: Im Oktober. Wir arbeiten gerade daran.
Todd: Diese Tour ist so gut gelaufen, die Shows waren großartig. Wir wollen wiederkommen und unsere eigenen Shows spielen.
Adam: Wir werden eine sehr umfassende Tour machen. Das einzige Land, was wir auslassen werden, ist Deutschland. Nein, Quatsch...
Toby: Wir werden versuchen, die Shows rauchfrei zu machen.
Todd: Dann wird niemand kommen.
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So was wird es in Deutschland wohl leider nie geben.
Toby:„Wir haben das in Japan gemacht: Wir sagten ‘no smoking’ und die sagten ‘okay’.
Eure letzte CD geht mehr in die Pop-Punk-Richtung. Meint ihr, dass das etwas mit der Art von Bands zu tun hat, mit denen ihr auf dieser Tour spielt?
Todd: Wir wurden von ein paar Bands auf dieser Tour ein bisschen beeinflusst, weil die erste Band, mit der wir getourt haben, die MIGHTY MIGHTY BOSSTONES waren, noch bevor wir eine Platte draussen hatten. Ebenso wie die DESCENDENTS, die haben uns natürlich auch beeinflusst. Aber wir sind eine der harten Bands auf dieser Tour, während wir, wenn wir mit HATEBREED auf Tour gehen, die softe sind.
Toby: Als unser erstes Album rauskam, waren wir mit MIGHTY MIGHTY BOSSTONES und SOCIAL DISTORTION auf Tour, das ist wieder ein ganz an-deres Publikum. Wir haben mit ganz verschiedenen Bands gespielt, wir wollen nicht nur mit Bands aus einer Stilrichtung zusammen spielen. Wir stechen auf dieser Tour raus, genau wie MOVIELIFE und THE LOST PROPHETS.
Habt ihr viele Probleme mit MCA, weil die neue CD hier erst sechs Monate später als in den USA erhältlich war?
Adam: Das ist wie bei Filmen, die kommen zuerst in Amerika raus und dann einige Monate später in Europa. Eigentlich sollte die Platte früher in Europa veröffentlicht werden, aber wir hatten eine Tour geplant, von der wir abgesprungen sind, weil sie finanziell kompletter Schwachsinn war und bei der wir tausende Dollar verloren hätten, also sind MCA auch abgesprungen. Sie haben uns gesagt, dass wir gezeigt hätten, dass wir nicht an Europa interessiert wären, also wären auch sie nicht daran interessiert. Obwohl wir definitiv an Europa interessiert sind. Beim nächsten Mal klappt es aber.
Todd: Wir dachten, wir könnten die Platte vielleicht in Europa auf Epitaph rausbringen. So wie SICK OF IT ALL eine CD auf Atlantic hatten, und Equal Vision das Vinyl rausgebracht hat. Aber es hat nicht geklappt.
Warum seid ihr überhaupt zu MCA gegangen?
Toby: Weil wir etwas anderes machen wollten. Wir waren gelangweilt.
Todd: Das war keine wirkliche Wahl, ich meine, wir hatten den Beschluss gefasst, Epitaph zu verlassen, und das einzige Label, das sich anbot, war MCA.
War der Sound bei „Go“ eigentlich so beabsichtigt? Ich meine, sie klingt so glatt und Tobys Stimme klingt überproduziert.
Adam: Ich finde, dass sie im Vergleich zur letzten Platte in der Tat Scheiße klingt, und ich denke, dass wir daraus gelernt haben und in Zukunft von so großen Produktionen Abstand nehmen werden.
Todd: Es ist gar nicht mal so sehr die Produktion an sich. Wir haben eine Menge Zeit für die Platte gebraucht, und ich denke, wir hätten es schneller machen sollen. Dennoch mag ich den Klang dieser Platte, weil unsere erste Platte sehr ‘live’ klang, aber die Produktion war mies. Und diese jetzt ist eine, die man in fünf oder zehn Jahren auflegen kann, und sie wird immer noch gut klingen. Ich denke, wir werden bei der nächsten Platte eher den Mittelweg wählen.
Adam: Wenn wir ein Jahr später die Songs live spielen, können wir sie so klingen lassen, wie sie sollen.
Ihr habt euch immer als Hardcore-Band bezeichnet...
Toby: Die Leute haben uns immer eine Hardcore-Band genannt. Das ist die Szene, aus der wir kommen, das sind unsere Wurzeln. Ich denke, wir sind eine Hardcore-Band, weil ich Bands wie 7 SECONDS liebe. Das war Hardcore für mich, bevor Metal dazu kam. Aber die Leute können uns nennen, wie sie wollen, Hardcore, Punk, Rock’n’Roll... Wir haben nie T-Shirts gemacht, auf denen ‘Hardcore’ stand, und wir haben nie gesagt, dass wir Hardcore wären, wir kommen halt daher.
Adam: Der Begriff ‘Hardcore’ ist so unaktuell. Die Gefühle, die Attitüde und die Energie von dem, was manche Hardcore nennen, bezeichnen andere vielleicht als Pop.
Toby: Die Kids verändern sich ständig. Hardcore kann für irgendein Kid PAPA ROACH bedeuten. Dieses Jahr ist es HATEBREED und nächstes Jahr ist es etwas anderes.
Ich meine, dass die Hardcore-Szene eher engstirnig ist. Ihr bewegt euch noch irgendwie in dieser Szene, aber versucht, etwas anderes zu machen.
Toby: „Stimmt! Wir wollen nicht nur vor Hardcore-Kids spielen, und das auch noch unser ganzes Leben lang. Wir haben das schon gemacht, für lange Zeit. Wir wolllen vor allen mög-lichen Leuten spielen und deshalb machen wir Shows wie diese.
Todd: Wir spielen in dieser Band und touren das ganze Jahr. Wir versuchen, genug Geld zu machen, um die Rechnungen bezahlen zu können. Das ist viel eher ein alternativer Hardcore-Lebensstil, als nur zu Shows zu gehen oder im Internet Shit-talking zu betreiben.
Ich habe das Gefühl, dass schneller Old School-Hardcore gerade wieder groß wird in Amerika.
Todd: Ja, es kommt immer wieder. Als wir in New York an-gefangen haben, haben wir versucht, etwas Neues und Anderes zu machen, das seit zehn Jahren nicht mehr gespielt wurde, schneller und melodischer Kram. Und als wir langsam populär wurden in New York, haben eine Menge Bands wieder schnell und melodisch gespielt. Da war es nichts Besonderes mehr, und wir wollten etwas Anderes machen, und jetzt kommt es halt wieder.“
Adam: „Alles bewegt sich im Kreis, besonders beim Hardcore, weil es da nie etwas gab, was wirklich erfolgreich war.
Leidet euer Privatleben nicht darunter, wenn ihr ständig auf Tour seid? Zumindest Tobys Frau ist ja mit auf Tour.
Toby: Ja, diese Jungs haben Frauen, von denen sie ständig getrennt sind. Todd hat gerade erst geheiratet.
Todd: Vor gerade mal drei Wochen. Ich vermisse meine Frau sehr! Wir haben für die nächste Platte einen Song namens ‘Highway Homes’, das sind z.B. der Bus oder das Hotel, und der Song handelt davon, wie verdammt gelangweilt und einsam du wirst.
Toby: Du fängst an, dich an den Roadie zu wenden, und Sex mit ihm zu haben, haha.
Todd: Du fängst an, richtig böse Gedanken zu bekommen und dumme Dinge zu tun. Aber wenn ich bei meiner Frau bin, bin ich ruhig.
Was hatte eurer Meinung nach den größten Einfluss auf euch?
Todd: Zur Unterhaltung höre ich Hip Hop. Oft gibt es bei so großen Shows
natürlich keine Verbindung.Ich muss mich damit nicht vergleichen. Die Einflüsse sind eher offensichtlich, wie MINOR THREAT, PENNYWISE, CRO-MAGS. Aber zuerst war ich von britischem Punkrock begeistert, dann Hardcore, und dann eine Weile Reggae, und jetzt ist es ein Mix aus allem.“
Adam: „Alles! Wenn du dich nur auf eine Sache versteifst, verpasst du eine Menge.
Toby: THE POLICE, U2, OASIS, BACKSTREET BOYS, PINK, EMINEM, SNOOP DOGG, ich mag alles. Ich höre auch mehr Hip Hop als jede andere Art von Musik, jedenfalls mehr als Hardcore.
Habt ihr irgendeine Ahnung, was ihr mal machen werdet, wenn es die Band nicht mehr gibt? Da ihr schon so lange in der Band seid, könnt ihr euch überhaupt eine Zukunft vorstellen, in der Musik nicht eine Rolle spielt?
Toby: Der Gedanke ängstigt mich, die Band ist unser Leben. Vielleicht wäre ich ein Stand Up-Comedian. Oder Manager.
Todd: Ich denke sehr viel darüber nach. Ich möchte auf jeden Fall etwas mit Bands und mit Musik machen. Oder ein Bankräuber sein.
Adam: Ich möchte ein Filmstar sein. Fuck Music!
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