BLOOD COMMAND kommen aus dem beschaulichen Städtchen Bergen an der Westküste Norwegens und haben bisher eine CD und drei 10“s veröffentlicht. Insbesondere „Hand Us The Alpha Male“ ist ein unglaubliches Brett aus Gitarrenwänden, treibenden Drums und hysterischem Geschrei der zierlichen Sängerin Silje Tomre. Die eigenwillige Mischung der unterschiedlichsten Sounds macht diese Band zu etwas Besonderem, und so war eine Reise zur Show nach Leipzig unumgänglich, auch wenn BLOOD COMMAND unter eher widrigen Umständen im Vorprogramm einer reinen Metal-Tour auf die Bühne mussten. Im Anschluss an die Show standen die Norweger uns Rede und Antwort. Anwesend war die ganze Band, bestehend aus Silje Tombre (Gesang), Yngve Andersen (Gitarre), Sigurd „Siggi“ Haakaas (Drums) sowie Simon Økland (Bass) und Otto Hansen (Gitarre).
War es bei euch zu Hause in Bergen zu langweilig oder warum habt ihr BLOOD COMMAND gegründet?
Yngve: Silje, Siggi und ich haben BLOOD COMMAND gegründet, weil wir eine Band haben wollten, in der wir sehr viele verschiedene Einflüsse miteinander kombinieren können. Wir haben alle sehr unterschiedliche musikalische Hintergründe und wollten daraus eine sehr eigenständige Mischung kreieren. Rock’n’Roll, Punk, Hardcore, Pop und Synthi-Pop sind nur einige Einflüsse, die wir zusammen in unserer Musik verarbeiten.
Gibt es in Bergen eine Punk/Hardcore-Szene, in der sich Bands untereinander beeinflussen?
Silje: Nein, nicht wirklich. Es gibt ein paar wenige Bands, die auf kommerziellem Niveau Musik machen, aber eine wirkliche Untergrundszene existiert bei uns nicht.
Yngve: Existiert nicht mehr, sollte man wohl sagen, denn vor 20 Jahren war die Szene bei uns zu Hause mal sehr aktiv.
Silje: In Norwegen ist es immer noch so, dass die Leute aus ganz unterschiedlichen Szenen zusammenhängen und eigentlich interessieren sich alle Leute für ganz unterschiedliche Musikstile. Eine Aufsplitterung der Szene in viele kleine Subszenen ist in Norwegen – im Gegensatz zu Deutschland – gar nicht vorstellbar, weil es schlicht und einfach viel zu wenig Leute gibt.
War es vor diesem Hintergrund schwer, die richtigen Leute für die Band zu finden?
Siggi: Silje, Yngve und ich kennen uns wirklich schon seit unserer Jugend und machen ja auch schon sehr lange zusammen Musik, aber mit anderen Gitarristen und insbesondere Bassisten haben wir uns wirklich immer sehr schwergetan. Das war immer ein großes Problem, denn wir haben mit vielen Sessionmusikern gearbeitet, ohne dass wir es wirklich wollten. Wir waren immer wieder auf der Suche nach geeigneten Leuten, aber die Sessionmusiker haben nie wirklich zur Band gehört. Aber jetzt glauben wir fest daran, dass diese beiden hier endgültig die Richtigen für die Band sind.
Ihr habt über eure musikalische Motivation für die Band gesprochen. Gibt es auch eine politische Seite bei BLOOD COMMAND?
Yngve: Wir lieben natürlich das Netzwerk der Punk- und Hardcore Szene, obwohl BLOOD COMMAND ja nicht wirklich eine Hardcore-Band sind. Als Band lieben wir die Musik, die wir spielen, und es gibt in unseren Songs eigentlich keine politische Botschaft.
Silje: Da hat Yngve Recht, denn uns geht es in erster Linie um die Leidenschaft für die Musik um ihrer selbst willen. Wir wollten zunächst auch gar nicht so viel auf Tour gehen, sondern hatten uns ganz und gar auf unsere Musik fixiert.
Yngve: Ursprünglich waren wir eine reine Studio-Band und es gab keine Pläne, mit der Band zu touren. Das hat sich wirklich erst später entwickelt, und heute können wir sagen, dass wir es wirklich lieben, auf Tour zu sein.
Ihr habt für eine so junge Band etwas sehr Ungewöhnliches getan und eure ersten Songs auf drei 10“s veröffentlicht. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?
Silje: Wir alle drei waren schon immer große Vinylliebhaber, und als wir dann über die Veröffentlichung unserer ersten Stücke gesprochen haben, war das 10“-Format schnell im Gespräch. In Norwegen ist Vinyl viel populärer als die CD und da war das für uns ein logischer Schritt. Wir fanden die Serie mit den drei 10“s einfach cool und haben es dann durchgezogen, aber eine vierte wird es wohl nicht geben.
Otto: Ja klar, das war eine gute Entscheidung, denn wer kauft schon CDs? Bei uns in Norwegen jedenfalls niemand. Auch alle unsere Eltern hatten Schallplatten, so dass wir damit aufgewachsen sind. Die CD war bei uns nicht wirklich lange im Gespräch und ist wieder klar im Rückzug gegenüber der Schallplatte.
Yngve: Für die CD-Käufer gibt es die ersten zwei 10“s ja auch auf CD, aber da die dritte 10“ erst später erschienen ist, gibt es die Songs von „Hand Us The Alpha Male“ noch nicht auf CD. Vor dieser Tour waren wir gerade im Studio und haben die Songs für unsere zweite Platte eingespielt. Die Songs müssen jetzt noch gemixt werden, und wenn alles glatt läuft, wird das Teil im September erscheinen und in beiden Formaten erhältlich sein.
Silje: Die ersten Platten haben wir ja noch ganz allein auf unserem eigenen Label Loyal Blood herausgebracht, weil wir die volle Kontrolle behalten wollten, aber bei „... Alpha Male“ waren wir dann mit der Zusammenarbeit mit Fysisk Format sehr zufrieden, so dass auch die neue Platte wieder dort erscheinen wird.
Ist das jetzt eure erste Tour durch Deutschland?
Yngve: Nein, wir waren schon drei oder vier Mal hier unterwegs, aber wir lieben nunmal Squats und besetzte Häuser, so dass wir der breiten Masse hierzulande halt noch nicht so bekannt sind.
Wart ihr mit der Show heute Abend zufrieden – und wer hat euch in dieses Metal-Package gebucht?
Yngve: Oh ja, ich fand der Abend war cool. Also wir wissen schon, dass das ein sehr sonderbares Line-up für eine gemeinsame Tour ist, aber für uns ist es halt eine Chance, auch mal ein anderes Publikum zu erreichen. UNEVEN STRUCTURE, LONG DISTANCE CALLING und PROTEST THE HERO sind natürlich Metal-Bands, aber da haben wir keine Berührungsängste.
Silje: Also ich fand, dass da heute ein sehr großer räumlicher Abstand zwischen uns und dem Publikum bestand. Auf dieser Tour waren wir die zweite Support-Band und da hatten wir keinerlei Circle Pits, auch wenn es schön gewesen wäre, aber die Leute kamen natürlich, um PROTEST THE HERO zu sehen. Aber für uns war es okay und wir haben trotzdem eine Menge Spaß gehabt.
Otto: Die anderen Bands sind großartig und vor allem sind sie sehr nett zu uns.
Yngve: Wir waren ja auch schon mit COMEBACK KID auf Tour und da war die Resonanz auf unsere Musik natürlich viel besser. Da spielten dann jeden Abend Hardcore-Bands und es ging viel mehr ab. Ich denke aber, dass wir nicht immer nur Hardcore-Shows spielen wollen, sondern uns mehr öffnen und solche Touren wie diese hier spielen wollen.
Viele der Leute, die euch schon von früheren Shows her kennen, waren sicherlich auch von den 20 Euro Eintritt abgeschreckt, nur um euch mit drei Metal-Bands spielen zu sehen, oder?
Yngve: Da hast du sicherlich Recht, denn 20 Euro ist für BLOOD COMMAND zuviel. Wenn wir bei uns zu Hause spielen, kostet es normalerweise so etwa zehn Euro und das ist für Norwegen ein sehr günstiger Preis, zumal wir da als Headliner unterwegs sind und so um die 300 Kids zu den Shows kommen. Bei dieser Tour geht es uns aber darum, unsere Musik vor einem anderen Publikum zu präsentieren und halt nicht immer nur vor Punk- und Hardcore-Kids zu spielen.
Silje, stimmt der Eindruck, dass du auf der Bühne viel mehr gesungen hast, während auf euren Platten eher Aggression und Geschrei zu hören ist?
Silje: Das stimmt absolut und es liegt einfach daran, dass wir auf dieser Tour sehr viele neue Songs spielen, die mehr Gesang als Geschrei erfordern. Wir haben entschieden, dass wir dem Publikum so viele Hits wie möglich präsentieren wollen. Hätten wir mehr ältere Songs gespielt, wäre sicherlich mehr Geschrei zu hören gewesen. Zum Glück haben wir ja ein großes Repertoire, aus dem wir auswählen können.
Yngve: Wir haben uns bei diesem Package für diese Art von Songs entschieden und alle unsere Pop-Songs in das Set gepackt. Bei einer Tour mit anderen Bands kann die Setliste dann wieder ganz anders aussehen und wir würden sicherlich wieder mehr die Keule rausholen.
In welche Richtung werden die Songs auf dem neuen Album gehen?
Yngve: Die werden deutlich härter werden als unser altes Material. Härtere Gitarrenriffs, kombiniert mit sehr einprägsamen Melodien.
Otto: Thrash-Metal-Fans könnten es auch mögen und die Songs gehen trotzdem sofort ins Ohr. Aber eigentlich ist es doch absolut der typische BLOOD COMMAND-Stil.
Auf der ersten 10“ hattet ihr diese coole Coverversion „Yuri G.“ von PJ Harvey. Wer kam auf diese Idee?
Silje: Oh, das war Yngves Idee, aber wir finden PJ Harvey alle toll und so waren wir von der Idee alle begeistert. Für die neue Platte haben wir auch wieder drei Coverversionen aufgenommen, die wir wohl als B-Seiten für die Singles verwenden werden. Da haben wir eine HOT SNAKES-, eine FUGAZI- und eine THE FAINT-Coverversion eingespielt.
Gibt es irgendwelche Bands, die euch beim Songwriting inspirieren?
Yngve: Als wir mit der Band begonnen haben, waren das bei mir REFUSED, AT THE DRIVE-IN und auch viele ältere Hardcore-Bands wie MINOR THREAT, BLACK FLAG und das ganze Zeug.
Otto: Ich bin ja in Bergen auch noch Sänger in einer Metal-Band und höre auch viel neueres Metal-Zeug und einiges an Hardcore-Bands. Aber im Grunde höre ich sehr viel unterschiedliche Musik, sogar Elvis und andere Rock’n’Roller.
Wie hält man sich in Bergen als Musiker über Wasser?
Yngve: Ich lebe eigentlich nur für die Musik und versuche, mich so gut es eben geht mit Musik über Wasser zu halten.
Silje: Wenn wir wieder zu Hause gelandet sind, fange ich noch am selben Tag wieder an, als Barkeeper zu arbeiten. In Norwegen ist es schwierig, einen Job zu finden, der flexibel genug ist, dass du für drei Wochen auf Tour gehen kannst.
Otto: Ich arbeite in einem Piercing-Studio und nebenbei auch noch in einem Kindergarten. So komme ich ganz gut zurecht, aber wenn du viel Geld verdienen willst, solltest du dich nicht für Musik entscheiden.
Christoph Lampert, Daniel Janko
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