Sergie Loobkoff ist bekanntlich nicht nur Gitarrist und Gründungsmitglied von SAMIAM, sondern hat mit SOLEA seit einigen Jahren schon eine Zweitband am Start, die allerdings bislang nie die Beachtung bekam, die sie eigentlich verdient. Nun ist mit "Finally We Are Nowhere" endlich der schon lange eingespielte Nachfolger zum Debüt von 2004 erschienen, und das nahm ich zum Anlass, Sergie erzählen zu lassen, was sich seitdem so getan hat bei SOLEA und SAMIAM.
Sergie, kannst du dich noch daran erinnern, wie es war, das neue Album aufzunehmen?
Es hat ja schon seine Zeit gedauert, bis es endlich erschienen ist.
Wenn du mich vor einer Weile gefragt hättest, hätte ich nicht damit gerechnet, dass es je herauskommt. Die Erfahrung, es zu machen, war ziemlich beschissen. Wir haben jetzt 2008 und es ist endlich in Europa erschienen, aber wir haben bereits 2004 angefangen, es aufzunehmen! Zu dem Zeitpunkt gab es einen kleinen positiven Schub für uns, wir haben einige Male auch in Europa und Japan getourt und außerdem wurde unser Debütalbum gut angenommen. Doch dann hat sich unser Bassist Joey entschieden, die Band zu verlassen, und Garrett verlor das Interesse an der Band. Ich hatte eine Unmenge an Songs und entschied mich, nicht so lange zu warten, bis Garrett wieder motivierter ist. Also arbeiteten wir ein paar Wochen im Studio mit Rusty am Bass, einem Freund von Scott, unserem Schlagzeuger. An dem Tag, als wir das Schlagzeug einspielen wollten, flog Garrett zurück nach NYC und meinte, er hätte zu tun. Also haben wir anderen noch zweieinhalb Wochen damit verbracht, die Musik fertig zu stellen, was ziemlich einfach war, denn die beiden sind wahre Profis - anders als Garrett und ich. Obwohl die anderen fehlten und wir vom Gefühl her auch keine "Band" waren, haben wir viel geschafft. Nach ein paar Wochen kam Garrett dann völlig überraschend zurück, um seinen Part zu singen und die Gitarre einzuspielen, doch ohne viel Enthusiasmus, das war gleich klar. Er fing an, sich zu beschweren, ich hätte zu viele Gitarren hinzugefügt, keinen Raum für ihn gelassen, und was das Schlimmste ist, das Album sei zu laut und rockig, als hätten wir versucht zu klingen wie die FOO FIGHTERS oder so, wobei er doch ein weniger hartes Album hätte machen wollen. Nachdem er die Hälfte eingesungen hatte, war er frustriert und ging nach Hause. Am liebsten hätte er wohl alles hingeschmissen. Noch das ganze Jahr, bis Mitte 2006, spielten wir Katz und Maus. Ich wollte ihn dazu bringen, seinen Part zu Ende zu bringen. Letztendlich kam er Anfang 2006 nach L.A., um weiter zu machen. Ich denke, ich drang endlich zu ihm durch, als ich sagte: Denk auch mal an unsere Freunde vom japanischen Label, die uns das Geld für das Album vorgestreckt hatten. Kannst du dir vorstellen, wie sie ihrem Boss erklären sollen, dass sie uns das ganze Geld umsonst gegeben haben? Ich hatte damit gerechnet, dass er den Rest noch halbherzig erledigt, um seine Pflicht zu erfüllen, obwohl es ihm eigentlich egal ist. Aber zu meiner Überraschung legte er einen super Auftritt hin. Und mir ist es jetzt gleich, ob überhaupt jemand das Album kauft oder alle es scheiße finden. Ich liebe es und bin so glücklich über Garretts Auftritt. Ende 2006 kam das Album in Japan raus. Jetzt fragst du dich vielleicht, warum es so lange gedauert hat, bis es ihn Deutschland erschienen ist. Das lag daran, dass unser damaliges Label Defiance das Interesse an uns verloren hatte und wir Probleme hatten, einen neuen Deal klar zu machen. Aber jetzt sind wir glücklich bei Arctic Rodeo gelandet und schauen mal, wie gut das Album nun ankommt. Ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich denke, es klingt wirklich toll und es sind ein paar richtig gute Songs drauf, an denen wir lange gearbeitet haben. Ich hoffe, die Leute sind gespannt darauf und entschließen sich dazu, es auch zu kaufen und nicht zu "stehlen". Ich sage das wegen der Jungs von Arctic Rodeo, die es veröffentlicht haben, als sich keiner mehr wirklich für uns interessierte. Und selbst, wenn es sich gut verkauft, geht das ganze Geld an das japanische Label, also denk nicht, ich würde das jetzt aus reiner Habgier sagen. Wenn ich wirklich die Absicht hätte, mit SOLEA Geld zu verdienen oder überhaupt mit Musik, dann wäre ich reichlich blöd.
Die letzten Tourdaten auf eurer Website stammen von 2007. Wie sieht es mit weiteren Aktivitäten aus, beispielsweise Shows in Deutschland?
Wir wollen im Frühjahr wieder touren, aber neben dem Problem, dass unser Schlagzeuger Scott bei Beck spielt, haben wir auch noch ein finanzielles. Offensichtlich kümmern sich nicht allzu viele Leute um die Band, wir sind klein, also ist es schwierig, das Ersparte zusammen zu kratzen, um zu touren. Ehrlich gesagt bin ich noch von SAMIAM verwöhnt. Die sind zwar auch nicht unglaublich berühmt, aber es reicht aus, dass Flüge und und das alles für sie bezahlt werden. Das Risiko, Geld zu verlieren, ist mit SAMIAM nicht so groß. Seltsamerweise hat Garrett wieder richtig Gefallen am Musikmachen gefunden. Vielleicht hat die Reunion von TEXAS IS THE REASON seine Meinung geändert - ich weiß es nicht. Wir beide spielen jetzt in einer neuen Akustik-Band namens ALTLANTIC/PACIFIC, zusammen mit unserem alten Freund John Herguth. John war Roadie bei TEXAS IS THE REASON und ist jetzt Mitglied bei HOUSE AND PARRISH. Im Grunde besteht ATLANTIC/PACIFIC aus Garrett und John, die beide singen und Akustikgitarre spielen und ich steuere im Hintergrund ein bisschen E-Gitarre bei. Wir haben viele Songs geschrieben, spielen einige Songs von SOLEA und Texas, und im Dezember touren wir in Europa. Es ist viel leichter, nur mit drei Leuten zu touren, ohne Verstärker, ohne Schlagzeug ...
Du hast ja eben schon kurz SAMIAM angesprochen, was habt ihr dort für die nähere Zukunft geplant?
Nächsten Monat spielen wir zwei Shows in Texas. Anfang des Jahres haben wir mit HOT WATER MUSIC in Florida gespielt und außerdem in Oregon und San Francisco. Wir machen also schon ein paar Sachen, aber nichts Großes. Wir befinden uns gerade an dem Punkt, an dem wir nicht wirklich wissen, was wir machen sollen. Mit unserem 2000er Album "Astray" sind wir fünf- oder sechsmal in Deutschland gewesen, und mit unserem letzten Album waren wir dreimal da. Wir haben das Gefühl, zu oft da gewesen zu sein, ohne dabei neues Material vorzustellen. Nach dem Motto: "Habt ihr immer noch nicht genug von uns?" Hinzu kommt das Problem, dass wir nicht mehr bei Burning Heart sind, also müssten wir ein neues europäisches Label finden, um ein neues Album zu machen, müssten das Ganze wie im Fall von SOLEA schon wieder durchmachen. Ich denke, nach diesem Interview verstehst du, dass Musiker zu sein nicht das Einfachste auf der Welt ist, vor allem wenn man sich an dem Punkt befindet, wo ich gerade bin, und das ist nicht weit entfernt vom harten Boden, haha.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #50 März/April/Mai 2003 und Simon Brüggemann
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #80 Oktober/November 2008 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #56 September/Oktober/November 2004 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #62 Oktober/November 2005 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #48 September/Oktober/November 2002 und Joachim Hiller