Jens Rachut
(Ventil Verlag, Hardcover, 232 Seiten)
Rachut ohne Musik, kann das gehen? Schließlich ist bei dem Hamburger, der seit den Achtzigern vorne auf der Bühne bei/mit ANGESCHISSEN, BLUMEN AM ARSCH DER HÖLLE, DACKELBLUT, OMA HANS, KOMMANDO SONNE-NMILCH, N.R.F.B., ALTE SAU und MAULGRUPPE „mit der Luft schimpft“, die Art des Vortrags (jemand sprach wegen seines Stageactings mal vom „Joe Cocker des Punk“) Teil des Phänomens. Mindestens aber muss man seine prägnante Stimme hören, für mich zumindest waren also Musik, Gesang und Texte bislang untrennbar verbunden.
Bis jetzt. Rachut-Texte nur als Buch, losgelöst von der Musik, kann das gehen? Oh ja, sehr gut sogar. Gut, ich weiß nicht, wie die Texte auf jemand wirken, der Rachuts musikalisches Treiben nicht kennt, der das Buch als Gedichtband betrachtet und danach beurteilt, aber ich merke, dass ich die Texte ohne „Störgeräusche“ intensiver wahrnehme. Und stelle fest, dass sie auch sehr gut ohne Musik funktionieren, dass ich mich immer wieder an Großmeister Bukowski erinnert fühle, der wiederum so ziemlich der einzige Autor ist, von dem ich Lyrik, Gedichte ertrage. In Sachen „Textanalyse“ war ich noch nie gut, der Versuch Jens’ Texte zu verstehen fällt aber in die Kategorie „Mission Impossible“, wie ich hier erneut erkenne: Mal scheint alles klar, dann wieder steht da nur „Bahnhof“. Viele Punktexter haben versucht das nachzuahmen, eigentlich alle sind gescheitert.
Die mehr als 130 Texte wurden Jens Rachut selbst ausgewählt und werden ergänzt um Zeichnungen von Raoul Doré. Ein feiner Bonus: Ein QR-Code am Ende des Buchs führt auf die Seite von Major Label, wo viele der Rachut-Bands veröffentlich(t)en und wo man sich Jens’ 25 „schönste Wanderlieder aus 4 Dekaden“ im mp3-Format downloaden kann. Ein veritables Best of. (Joachim Hiller)