Ich kündige. Ich mach nicht mehr mit. Alles sinnlos. Wozu soll ich noch Platten besprechen? Was, bitteschön, soll jetzt noch kommen? Nach diesem Album? Also, ihr müsst euch das so vorstellen: Ich steige in den Bus, eine einstündige Fahrt durch's Bergische Land liegt vor mir, ich nehme meinen Discman, lege diese CD ein und drücke auf Play.
Dann, der erste Akkord bricht über mich herein, das selbe Gefühl, wie wenn sich die Achterbahn in Bewegung setzt und man in den Sitz gedrückt wird. Was danach kam, weiß ich nicht mehr so genau, aber ich bin nach knapp 45 Minuten wieder zu mir gekommen, hatte Tränen in den Augen und einen großen feuchten Fleck im Schritt.
Eine Dreiviertelstunde, in der ich von Gitarrenwänden umspült und hin und her geworfen wurde, in der mir High-Energy-Postpunk den Atem raubte. Wer mit dem Buddyhead-Sound etwas vertraut ist, der weiß in etwa, wovon ich rede, denn auch THE ICARUS LINE oder INK AND DAGGER sind Freunde des gepflegten Lärms.
YEF hingegen haben natürlich ihre eigene Note, schütteln ein heftigst rockendes Killerriff nach dem anderen aus dem Ärmel, paaren das mit schweißtreibenden Drums, aber zugleich sind sie zutiefst atmosphärisch, was nicht zuletzt am Synthie liegt.
Dazu ist "You Are Being Videotaped" unverschämt fett produziert und in puncto Zielstrebigkeit des Songwritings mindestens drei Schritte weiter als das Debüt-Minialbum "The Wiretap EP" aus dem Jahre 2002.
Unglaublich, ganz großes Kino, und so richtig hab ich das noch immer nicht verarbeitet. So sitze ich also im Bus, völlig überwältigt, atemlos, der letzte Song, "Easy Assault", umschmeichelt meine Ohren, ein getragener, verzweifelter Song, und ich höre die Worte "the silence will murder you", nur kurz, bevor das Klavier die letzten traurigen Töne spielt, und es allmählich ganz still wird.
(47:22) (10/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #55 Juni/Juli/August 2004 und Christian Meiners