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YARD ACT

The Overload

Dass YARD ACT aus Leeds nach dem Album-Release im Januar 2022 bis fast an die Spitze der UK-Charts vorstoßen würden, war fast absehbar. 2019 gegründet, hatten sie seit 2020 einen guten Lauf mit ein paar Singles, digital wie auf Vinyl, und 2021 der „Dark Days EP“-12“. Irgendwie schaffte es das Quartett, bestehend aus George Townend, James Smith, Ryan Needham und Sam Shipstone, in Pandemiezeiten die richtige „Buttons“ zu drücken mit ihrem sperrigen, aber dann doch eingängigen, halb gerappten Dance-Punk. Sie stehen für die verblüffende Fähigkeit von Musiker:innen von der britischen Insel, alle paar Jahre wieder mit rundum originären Sounds gitarrenbasierte Popmusik zwar nicht komplett neu zu erfinden, aber zumindest so upzudaten, dass sie sich neu, spannend und aufregend anfühlt. Ganz ohne IDLES, SHAME und Co. denke ich YARD ACT zwar nicht, und dass hier – was vor allem Sprechgesang liegt – SLEAFORD MODS erstaunt um die Ecke schauen, haben schon andere vor mir festgestellt. Dass die latent genervte Attitüde von Frontmann James Smith (den man vielleicht zuvor mit POST WAR GLAMOUR GIRLS wahrgenommen hatte – Bassist Needham war bei MENACE BEACH) auch an den großen Meister Mark E. Smith (keine Verwandtschaft) von THE FALL erinnert – geschenkt. Wie auch, dass ich jetzt wieder „My little brother“ von ART BRUT im Ohr habe. YARD ACT sind keine Rundumerneuerer des britischen Post-Punk, aber sie haben mit „The Overload“ ein enorm Spaß machendes Album rausgehauen, das zudem textlich stark ist. Wer es nur online hört, dem entgeht der Spaß, das fast LP-Cover große Textblatt entfalten zu dürfen, um sich an den handgeschriebenen Texten zu ergötzen – „Rich“ ist mein Favorit, aber auch „Pay day!“ oder „The incident“ begeistern. „Social commentary“, ja, aber kein Agitieren, sondern lakonisches Kommentieren, so direkt aus dem Alltag, so nachvollziehbar und ... relevant, dass man sich fragt, warum andere Texter so Unkonkretes und Unverständliches singen.