Eric Davidson kennt man als Sänger der NEW BOMB TURKS, als smarten Interviewpartner, als musikgeschichtlich gebildeten Menschen, der seit einigen Jahren schon als Musikjournalist arbeitet, zuletzt als Redakteur beim New Yorker Fachblatt CMJ.
Und Eric hat ein Buch geschrieben – quasi über die NEW BOMB TURKS, aber nicht direkt. Er beschäftigt sich mit dem Zeitraum von 1988 bis 2001 und dem, was er hier „Gunk Punk Undergut“ nennt – und was andere als „Garage Punk“ bezeichneten.
Mithin also jene Szene, zu der die NEW BOMB TURKS (die ihre Aktivitäten nur reduziert, aber nicht eingestellt haben) gezählt werden. Einer der Dreh- und Angelpunkte jener Szene war(!) das ursprünglich in New York, dann in Hamburg, später in Kalifornien und New Jerses und heute, fast ohne neue Releases, wieder in Hamburg ansässige Label Crypt Records des Amerikaners Tim Warren, der uns neben den Turks auch so unterschiedliche Bands wie COUNTRY TEASERS, DEVIL DOGS, JON SPENCER BLUES EXPLOSION, LAZY COWGIRLS, NINE POUND HAMMER oder OBLIVIANS bescherte.
In der gleichen oder einer zumindest benachbarten Welt trieben sich auch Sympathy For The Record Industry, Estrus und Empty Records (USA) herum, sowie zig kleinere Labels, und eigentlich die ganzen Neunziger über und noch über das Jahr 2000 hinaus war das zwar kein Sektor, in dem man Reichtümer scheffeln, aber doch zumindest leidlich profitabel eine Band, ein Label oder einen Mailorder betreiben konnte.
Seitdem hat sich das Blatt gewendet, rumpelige, ehrliche Musik mag zwar ansatzweise mit einer Band wie den WHITE STRIPES massentauglich geworden sein, aber die Party an sich ist vorbei. Wer damals dabei war oder jung ist und so viel Geschmack hat, sein Geld in längst nicht mehr nachgepresste Platten jener Bands und Labels zu investieren, findet in „We Never Learn“ ein Kompendium zum Verständnis jener „Szene“, die ja eigentlich auch keine war und sein wollte.
Letztlich war es simpler, lauter Rock’n’Roll, der sich auf das Wesentliche beschränkte. Eric vereint dabei in sich die Person eines aktiven damaligen Protagonisten und gleichzeitig der eines genau beobachtenden, hinterfragenden Musikjournalisten, der mit den damaligen Aktiven sprach und so einen interessanten Aspekt der Rock’n’Roll-Geschichte abbildet –schade nur, dass vieles davon vorbei ist, nicht viele Bands ähnlicher Qualität nachgekommen sind.
Im Anhang bekommt man neben einem umfangreichen Personen- und Stichwortregister auch ein Liste essentieller Platten geliefert – und einen Zettel mit einem Download-Code ... Ja, früher wäre so ein Buch mit Doppel-LP ausgeliefert worde, heute kann man sich die Compilation mit maßgeblichen Bands als mp3-Files downloaden.
Eine schöne Dreingabe, quasi als Lese-Soundtrack, ist es allemal.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #91 August/September 2010 und Joachim Hiller