Böse Zungen behaupten, dass ein Rezensent dann anfängt, eine Platte in Bezug zum Wetter oder zur Jahreszeit zu setzen, wenn ihm sonst nichts einfällt. Nun, diesen Vorwurf lasse ich mir gerne gefallen, weiß ich es doch einfach besser und kann das neue, dritte Album unseres liebsten Musiknomaden Paul Wallfisch als passend für Mitte Januar beschreiben: düster, schwermütig, Musik wie geschaffen für die Stimmung, die ein tief hängender, grauer Winterhimmel schafft.
Lieder für die Zeit, da man selbst viel langsamer tickt, als an einem lauen Frühlingstag oder im heißen Sommer, nichts, womit sich am Badeseestrand erquicken will, sondern höchstens als Untermalung für ein von melancholischer Stimmung geprägtes Rotweinsaufen mit guten Freunden zu später Stunde.
Genug Bilder gezeichnet, zu den Fakten: Paul Wallfisch, mittlerweile als "ex-FIREWATER" bezeichnet, hat es mit seiner kleinen Stammbesetzung (und nicht dem "Ich namedroppe dich jetzt tot"-Aufgebot von "Malediction") in Gelsenkirchen(!) eingespielt, und das an drei heißen Sommertagen 2003.
2003?, wundert man sich da. Yep, anderthalb Jahre lag die Platte schon fertig in der Schublade, oder gestaltete sich der Endmix im heimischen Brooklyn (irgendwie ja Gelsenkirchen gar nicht so unähnlich) gar etwas schwierig, weil Paul und Band eigentlich nur die Straße als Heimat kennen, permanent auf Tour sind? Wie auch immer, BOTANICAs Kampf gegen den "Truth Fish" ist gut ausgegangen für die Band, der dritte Longplayer eine Bestätigung des rundum sympathischen Eindrucks, den die Band auch sonst schon hinterließ.
Ruhige, sehr bedächtige und sparsam instrumentierte Lieder treffen einmal mehr auf laute, mitreißende Nummern, die gerne mal nach klamaukiger Zigeunerkapelle klingen, doch wird der Bogen in Sachen folkloristischer Einflüsse nie überspannt.
BOTANICA nehmen sich auch bei ihrem dritten Album viel Zeit für die Songs, halten nichts vom zweieinhalbminütigen Rock'n'Roll-Song, sondern breiten sich gerne mal über fünf Minuten aus, geben ihren Ideen Raum.
Ein Album voller Dramatik, Melancholie und Pathos, warm und herzlich. (49:17) (8)
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