Ich kriege das Bild nicht mehr aus dem Kopf: „Lass mich deinen Dünnschiss gurgeln“, so der Titel einer der wohl bekanntesten Songs der anarchistischen Agitprop-Band CHECKPOINT CHARLIE, die neben TON STEINE SCHERBEN wohl wichtigsten Vertreter des Genres, die aber inzwischen zu Unrecht ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Der Song spielt natürlich auch eine Rolle in Uwe von Trothas (Jahrgang 1941) brillant geschriebener Autobiografie. Seitdem habe ich Kopfkino. CHECKPOINT CHARLIE (aktiv 1966 bis 1982) stehen im Zentrum des künstlerischen Lebenswerks Uwe von Trothas und die Geschichte der Band nimmt dementsprechend weiten Raum im Buch ein. Diesen gestaltet von Trotha ausgesprochen charmant, intim, pointiert und bissig; in einem Wort: unterhaltsam. Seine Bühnenqualitäten kommen auch beim Erzähler von Trotha voll zum Tragen. Der Sänger, Schauspieler und Autor nimmt die Leser:innen mit auf eine biografische Zeitreise, die als politisch-historisches Lesebuch der Geschichte der Bundesrepublik und vor allem der Geschichte linker Gegenkultur und sozialer Bewegung rezipiert werden kann, auch wenn sein Zugang ganz bewusst kein wissenschaftlicher, sondern ein rein subjektiver ist. Mit einer gewissen Tendenz zur Süffisanz und feiner Beobachtungsgabe, die den gesamten Band trägt, schildert von Trotha zunächst die schwierigen Lebensumstände seiner Kindheit im Krieg und im post-nationalsozialistischen Deutschland in der südwestdeutschen Provinz. Damals begann von Trotha seinen Gefühlen, Erlebnissen und Beobachtungen in Gedichten Ausdruck zu verleihen. Das künstlerisch-aktivistische Interesse war geweckt, das Uwe von Trotha bis heute nicht verloren hat.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #176 Oktober/November 2024 und Salvador Oberhaus