RATA NEGRA habe ich ganz für mich allein bei YouTube entdeckt. Dann bin ich zu Static Shock in der Bürknerstraße in Neukölln und habe das Album gleich fünf mal gekauft. Drei habe ich an Freunde verschenkt, weil ich wollte, dass sie diese Platte auch haben, eine spiele ich jetzt jeden Tag und wenn die durchgenudelt ist, was zweifellos bald passieren wird, dann kommt die zweite auf den Plattenteller. Ich habe in den letzten vierzig Jahren glücklicherweise immer mal wieder mehrere Exemplare einer Platte gekauft, die mir sehr gut gefallen hat und von der ich schon in dem Moment, in dem ich sie zum ersten Mal hörte, wusste, dass sie mir noch vierzig Jahre später gefallen wird. Immer lag ich richtig. So eine Platte ist jetzt auch „Una Vida Vulgar“, das dritte Album des Trios RATA NEGRA aus Barcelona. „Aber warum gerade die, Pop-Punk gibt es doch wirklich genug?“, fragte mich ein Freund. „Weil so ein poppiges Punk-Album, auf dem jeder Song ein Hit ist, in der DIY-Punk-Szene nur alle zehn Jahren rauskommt“, habe ich geantwortet. Üblicherweise werden auf den Bühnen von DIY-Punk-Kellern Untiefen ausgelotet. Wird Abseitiges erforscht. Da geht es um die verschiedenen Spielarten des Krachs. Nur ausnahmsweise geht es um gutes Songwriting und puren Pop. Und nur ganz gelegentlich kommt dabei so ein Meisterwerk heraus wie „Una Vida Vulgar“. Ende der Nuller Jahre waren die schwedischen MASSHYSTERI so eine Pop-Ausnahme im DIY-Punk. Jetzt sind es RATA NEGRA.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #161 April/Mai 2022 und Andreas Michalke