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PORNOPHON

Ulmer Schule

Eine schöne Anspielung steckt im neuesten Titel der aus ... Ulm kommenden PORNOPHON: Hamburger Schule kann jeder, die „Ulmer Schule“ aber ist noch älter – und hat nichts mit Popkultur zu tun. Vielmehr steht der kunsthistorische Begriff für Künstler aus der süddeutschen Spätgotik und Frührenaissance, die im Kontext der Erbauung des Ulmer Münsters ihrem Handwerk nachgingen. Dass PORNOPHON sich da ironisierend reindrängeln mit ihrem komplexen Punkrock und scharfzüngiger Lyrik ist ein charmanter Schachzug versus die Kulturschickeria. Hardcore nannte die Band selbst mal ihre Musik, 2017 wurde ihnen der Begriff von FAUST-Orgelmann Irmler ausgetrieben, als sie in dessen Studio ein paar Kilometer donauaufwärts aufnahmen und hinterher auf dessen Klangbad-Label landeten. Im Mai 2020 waren PORNOPHON wieder in dessen Studio, Kraut ist ihre Musik immer noch nicht, sondern ... Punk. Mit Anspruch. In Ulm nämlich wirkte einst, bis 1968, die Hochschule für Gestaltung – deren am Bauhaus orientierten Designprinzipien entsprechend wurde das Klappcover der LP gestaltet. Und darin wiederum finden sich leider nicht weiter erklärte Fotos von Nikita Teryoshin, die verstören: Maschinengewehre, drumherum Schnapsgläser (?) – der Text von „Ulmer Schule“ löst das dann annähernd auf, es geht um die Waffenindustrie in Ulm. Spannend, dieser Text, wie aktuell er doch wurde: „Es ist nur ein blöder Kindertraum / Eine Welt ganz ohne Waffen zu bauen“ Tja, und was machen wir anno 2022 und einen russischen Angriffskrieg später daraus? Eine spannende Band mit zig interessanten Angriffspunkten, die eine genauere Beschäftigung mit ihren Texten und ihrer Musik verdient hat, es einem dabei aber nicht immer leicht macht: die Intonation von Sänger Bernhard Seidt ist durchaus fordernd. Tarnmusterfarbenes Vinyl.