Nach dem Ausscheiden von Scott Kelly wegen offenkundiger menschlicher Defizite ist nicht so ganz klar, ob noch mal mit einem neuen Album von NEUROSIS zu rechnen ist, die zuletzt 2016 eine Platte veröffentlichten. Aber auch von NEUROSIS-Frontmann Steve Von Till, der zuletzt 2021 ein Solo-Album veröffentlichte, hat man schon länger nichts mehr gehört. Dafür erscheinen2024 gleich zwei Alben (das Vinyl ist marmoriert, die CD steckt nur in einem schnöden Pappschuber) seines Projekts HARVESTMAN, die man hinsichtlich des Artworks leicht verwechseln kann. Ein dritter „Triptych“-Teil folgt Mitte Oktober. Schon Von Tills Solo-Platten waren musikalisch recht weit entfernt vom NEUROSIS-Schaffen („Gothic Johnny Cash“). Mit den meditativen und überwiegend rein instrumentalen Dark-Ambient-Soundscapes von HARVESTMAN hat er die Verbindungen zu seiner früheren Hauptband endgültig gekappt, auch weil sein typischer Gesang fehlt. Dass Von Till abseits von wuchtigem Post-Metal und konventionelleren Rock-Strukturen auch mit minimalistischeren Mitteln ungemein atmosphärische Musik kreieren konnte, hatten schon seine Solo-Werke gezeigt. Ähnlich wie zuletzt bei „A Deep Voiceless Wilderness“ von 2021 taucht Von Till hier tief in die analogen Klangwelten von Elektronikpionieren wie TANGERINE DREAM Ende der 1970er Jahre ein, verleiht dem Ganzen aber durch starke Dub-Elemente und gewisse orientalische Einflüsse eine individuelle Qualität, auch wenn sich die meisten NEUROSIS-Fans hier wohl enttäuscht abwenden werden.
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