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TIM UND STRUPPI - Tim im Lande der Sowjets

Hergé

Ursprünglich 1929 und 1930 als Fortsetzungsgeschichte in der wöchentlichen Jugendbeilage der belgischen Zeitung Le Vingtième Siècle erschienen, bildet „Tim im Lande der Sowjets“ faktisch den ersten Teil der „Tim und Struppi“-Reihe. Dass dieser lange nicht als solcher gewürdigt, nach Raubdrucken erst 1973 erstmals offiziell nachgedruckt und erst in den Achtzigern als Band 0 in die Albennummerierung aufgenommen wurde, hat seine Gründe: Wie der inzwischen ebenfalls stark in Verruf geratene offizielle erste Band „Tim im Kongo“ ist die Geschichte stark ideologisch aufgeladen und strotzt nur so vor herablassenden imperialistischen Klischees. Ganze Passagen wurden aus dem 1928 verfassten antikommunistischen Bericht „Moscou sans voiles“ des belgischen Konsuls Joseph Douillet übernommen. Ein wahrer Kern ist da sicherlich vorhanden – Säuberungs- und andere Terroraktionen gab es in der Sowjetunion immer wieder, eine eindimensionale Darstellung aller Sowjets als einfältige Trampel mit schweineartigen Gesichtern rechtfertigt das allerdings nicht. Zumal Hergé Douillets Bericht auf Anweisung des Redakteurs (und katholischen Priesters) Norbert Wallez unhinterfragt übernahm. Auch der Zeichenstil wirkt hölzern, es gibt kaum Hintergründe und Landschaften, vieles erscheint leer und unfertig. Darüber kann auch die nachträgliche Koloration von 2017 nicht hinwegtäuschen. Warum der Carlsen-Verlag hier eine Altersempfehlung von 8 Jahren ausgibt, ist mir schleierhaft, das würde ich garantiert keinem Kind in die Hand geben. Für Sammlungsvervollständiger sicherlich ein Muss, für Geschichtsinteressierte auch eine aufschlussreiche zeitgenössische Quelle, für alle anderen eher ein No-Go.