Der überraschende Tod von Richard H. Kirk 2021 im Alter von nur 65 Jahren beendete auch das 1973 in Sheffield begonnene Kapitel CABARET VOLTAIRE, die zu den Wegbereitern von Industrial gehörten und damit auch späteren Synthpop und Techno beeinflussten. Gerade bei den in den letzten Jahren auf Mute erschienenen Platten hatte man auch wieder das Gefühl, dass CABARET VOLTAIRE im Bereich Electronica noch etwas wirklich Substanzielles beizutragen hatten, auch wenn inzwischen nur noch Kirk von der ursprünglichen Besetzung übrig geblieben war. Sein langjähriger Partner Stephen Mallinder hatte Mitte der Neunziger die Band nach seinem Umzug nach Australien verlassen. Beim US-Label DAIS erschien bereits 2019 Mallinders Platte „Um Dada“, sein erst zweites echtes Soloalbum nach „Pow-Wow“ von 1982, erschienen auf Fetish Records, wo auch einige THROBBING GRISTLE-Releases veröffentlicht wurden. Ähnlich wie bei Kirk ist auch an Mallinder der Einfluss von Techno nicht vorbeigegangen, was allerdings nur bei den wenigsten Pionieren im Bereich Elektronische Musik zu echten Sound-Innovationen geführt hatte, siehe auch die Versuche von KRAFTWERK, ihre Songs mit Techno-Remixes aufzumotzen. Tatsächlich gelingt aber Mallinder ähnlich wie Kirk die Transformation seiner minimalistischen, rhythmischen Sounds in die digitale Jetztzeit, der damit den deutlich eingängigeren späteren funkigen Achtziger-Synthpop von CABARET VOLTAIRE-Alben wie „The Crackdown“ und „Micro-Phonies“ mit technoider Schlagseite versehen kann, ohne dabei seine grundsätzlich immer noch experimentelle Herangehensweise maßgeblich zu verwässern. Erneut wird er unterstützt von Ben Edwards/Benge, der in den letzten Jahren mit Mallinder auch zusammen bei WRANGLER gespielt hat und mit John Foxx zusammenarbeitete.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #163 August/September 2022 und Thomas Kerpen