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SIX FINGER SATELLITE

The Pigeon The Most Popular Bird

Ich erinnere mich anlässlich eines Rereleases wie diesem an die grausame Zeit vor dem Internet. Zu neuen und alten Bands war nicht mehr herauszufinden als das, was in ein paar wenigen Rocklexika stand, in anderen Magazinen, im Info des Labels und auf der Platte selbst. Und das war alles verdammt wenig, lückenhaft und oft falsch. Was da also anno 1993 aus Providence, Rhode Island von den 1990 gegründeten SIX FGINGER SATELLITE via Sub Pop/Seattle zu uns kam, konnten wir schwer einordnen. Damals war der Grunge-Hype auf seinem Höhepunkt, nur: „The Pigeon The Most Popular Bird“ passte da nicht rein. SIX FINGER SATELLITE waren irgendwas, nur kein Grunge. Noiserock? Teilweise. Seltsame Elektronikspielereien? Auch. Ein Album mit seltsamen „[untitled]“-Stücken zwischen den „normalen“. Schwer einzuordnen. Etwas stringenter und es hätte zu Amphetamine Reptile gepasst. So war und ist es ein „jawbreaker“, wie eines dieser riesigen Bonbons, unmöglich zu lutschen. Mit „Severe Exposure“ (1995), „Paranormalized“ (1996), „Law Of Ruins“ (1998) und „Half Control“ (2001) ging es für die Band bis 2001 weiter, immer weiter weg vom kantigen Ausgangspunkt unter Hinzunahme von Krautrock, dann 2001 Auflösung, 2007 Reunion, 2009 das Album „A Good Year For Hardness“. Sowieso weiter ging es für Gitarrist John MacLean, der sich als The Juan MacLean einen Namen als Produzent und in der elektronischen Musik machte und mit dem einstigen SIX FINGER SATELLITE-Soundmann James Murphy (später LCD SOUNDSYSTEM und DFA Records) einen äußerst kreativen Wegbegleiter fand. „The Pigeon The Most Popular Bird“, das hier als Doppel-LP in einer „Idiot Version“ und einer „Savant Version“ vorliegt (ergänzt um ein Beiblatt mit Fotos, aber ohne Texte und Linernotes), wurde seinerzeit von Bob Weston von SHELLAC aufgenommen, die wiederum SFS Tribut zollten mit ihrer 1994er Single „The Bird Is The Most Popular Finger“. „The Pigeon The Most Popular Bird“ ist auch anno 2023 noch ein Drops, der nicht so schnell gelutscht ist. Die Songs seien „love letters to the apocalypse“, heißt es im Beiblatt. Be careful what you wish for ...