Beinahe 25 Jahre ist John Anthony Genzale Jr. alias Johnny Thunders nun tot, und Campino glaubt immer noch, Punk zu sein. Der altkluge Altbiertrinker kommt aber in Danny Garcias ausgezeichneter Doku nicht zu Wort.
Dafür reden an die fünfzig Mitmusiker, Weggefährten, Freunde von Thunders, die ein umfassendes Porträt des mit 38 Jahren verstorbenen Gitarristen zeichnen, unter anderem Sylvain Sylvain, Gitarrist bei den NEW YORK DOLLS, die Manager Lee Black Childers, Marty Thau und Malcolm McLaren, der Fotograf und Filmemacher Bob Gruen.
Auch der unlängst verstorbene HEARTBREAKERS-Bassist Billy Rath erzählt über Johnny, allerdings schon schwer gezeichnet. Besonders interessant sind die Berichte über Johnnys musikalische Vergangenheit in den Jahren vor den NEW YORK DOLLS, die bislang nur sehr wenig dokumentiert sind.
Die DVD, das Ergebnis einer Crowdfunding-Kampagne, kann jedoch mit wenig Überraschungen oder neuen Informationen über das chaotische Leben von Johnny Thunders aufwarten. Über die genauen Umstände des Ablebens Johnnys in einem Hotel on New Orleanse ranken sich nach wie vor Gerüchte und Legenden, nicht zuletzt deshalb, weil die Polizei den Todesfall niemals offiziell untersuchte, obwohl aus Johnnys Zimmer beträchtliche Mengen von Bargeld (für die Aufnahme mit DIE TOTEN HOSEN hatte Thunders offenbar ein dickes Taschengeld bekommen), eine Gitarre und ein Monatsvorrat an Methadon verschwunden waren, ein Indiz für eine unnatürliche Todesursache.
Was mir zudem fehlt, sind Statements von Richard Hell, dem ersten Bassisten der HEARTBREAKERS, oder David Johansson, dem Sänger der Dolls, aber die werden gute Gründe für ihr Schweigen haben.
Eine spannende Doku über ein verpfuschtes Leben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #117 Dezember 2014/Januar 2015 und Gereon Helmer