Keine Bandbiografie wie jede andere. Der entscheidende Unterschied ist der Erzählstil. Gemeinsam mit dem im Genre erfahrenen Autor Howie Abrams entwickeln die Koller-Brüder ihre Geschichte im Stil, aber nicht mit dem Anspruch einer Oral History – scheinbar im direkten Gespräch miteinander und mit Wegbegleitern aus der Familie und dem unmittelbaren Umfeld der Band. Das Buch basiert auf frei geführten und spontan wirkenden Interviews mit den Protagonisten. Inwiefern Frauen* zum Gelingen des Buches beigetragen haben, ist nicht überliefert. Die Perspektive der Brüder dominiert die Erzählung, die konsequent und ausschließlich aus der Kompilation von Gesprächssequenzen entwickelt wird. Der Interviewer bleibt stumm und unsichtbar. So entsteht eine Nähe erzeugende informative, kurzweilige und anekdotenreiche musikgeschichtliche Reflexion des NYHC seit dessen Anfängen, die auch als eine kommentierte Diskografie und als Tourtagebuch der Band gelesen werden kann. Die Koller-Brüder berichten von ihrer behüteten Kindheit in Queens, ihren Entdeckungsreisen ins übrige New York und ihren ersten Begegnungen mit der im Entstehen begriffenen Hardcore-Community. Nach unzähligen Konzertbesuchen entschließen sich die beiden, eine eigene Band zu gründen, deren Geschichte auch im 35. Jahr noch lange nicht abgeschlossen zu sein scheint. Das Geheimnis der Langlebigkeit von SICK OF IT ALL verraten die vier Bandmitglieder dabei übrigens ganz en passant. Im Ganzen wirkt das Buch so authentisch und mitreißend wie ein Singalong-intonierter hymnischer SOIA-Refrain. Ein erinnerungsliterarisches Lesevergnügen nicht nur für Fans.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #152 Oktober/November 2020 und Salvador Oberhaus