Wer aus der Generation Ü40 ist, kam in seiner Kindheit und Jugend kaum an der (fast all-)freitäglichen Ausstrahlung einer neuen Folge der Krimiserie „Derrick“ vorbei. Und die Serie wurde als eine der wenigen deutschen Fernsehserien ein internationaler Erfolg, weltweit lernten Menschen darüber mehr von Deutschland – München, um es genauer zu sagen – kennen als auf jedem anderen Weg. Dass Inspektor Derrick immer in einem seltsam verbonzten Milieu ermittelte, die Handlung hölzern wirkte und vor Klischees strotzte, tat der Faszination keinen Abbruch und hinderte beispielsweise auch TURBONEGRO nicht daran, „Derrick“ Tribut zu zollen. Auch der französische Musiker Jonathan Lieffroy konnte sich dieser Faszination nicht entziehen, und als während der Corona-Lockdowns keine Arbeit mit den Bandkollegen von LAST NIGHT, MASTER MASTER WAIT und INFECTICIDE möglich war, machte er sich stattdessen im Alleingang an dieses Konzeptalbum. Unter maßgeblichem Einsatz eines Korg MS10 schuf er zehn instrumentale Songs, die imaginäre Soundtracks zu zehn „Derrick“-Folgen sind und bisweilen klingen wie eine Mischung aus ZOMBI und KRAFTWERK. Die heißen dann etwa „Waldweg“, „Hoffmanns Höllenfahrt“, „Besuch aus New York“ oder „Geheimnisse einer Nacht“ und pluckern unschuldig im Seventies-Synthie-Style vor sich hin und schaffen es tatsächlich, einen in die Zeit zu versetzen, als man ausnahmsweise – man war schon zehn und damit „groß“ – nach der „Tagesschau“ noch bis halb neun im Wohnzimmer vor der Glotze sitzen durfte, wenn am Freitagabend abwechselnd „Aktenzeichen XY ungelöst“, „Der Alte“ und „Derrick“ liefen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #165 Dezember 2022 /Januar 2023 2022 und Joachim Hiller