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SUDDEN INFANT

Lunatic Asylum

Zu Joke Lanz’ Band SUDDEN INFANT ist schon einige Male etwas in diesem Heft zu lesen gewesen, woran sich auch festmachen lässt, wie sich die Band über die Jahre (weiter)entwickelt hat, weg von EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN zu „1/2 Mensch“-Zeiten und generell unkonventionellen Industrial-Sounds („Laut, gefährlich und ohne klangtechnische Grenzen“) hin zu einem einem weniger radikalen und strukturierteren Experimental-Rock mit Jazz-Anleihen, der auch an die späteren Platten der ehemaligen Anarchopunks THE EX aus Amsterdam erinnert. In den rhythmischeren Passagen könnte man SUDDEN INFANT auch für avantgardistischere PRIMUS oder weniger punkige NOMEANSNO halten, während Lanz parallel dazu auch mit wilden krautrockigen Klangcollagen und reichlich Noise aufwartet, was sogar Platz für echte meditative Momente lässt. Von der angeblichen Altersmilde, die der Rezensent des letzten Albums „Buddhist Nihilism“ von 2018 bei SUDDEN INFANT festgestellt haben wollte, kann ich auf „Lunatic Asylum“ nicht viel merken – ein durchaus passender Titel. Man könnte dem Schweizer Lanz höchstens vorwerfen, dass er der Experimentalmusik keine wirklich neuen Impulse liefert und sich zu sehr aus dem Pool bereits bekannter Elemente bedient, was er aber mit echter Leidenschaft und sympathischer Selbstironie tut. Ein besonderes Highlight ist dabei der minimalistisch groovende Song „Il y a des enfants“ mit Franz Treichler von THE YOUNG GODS als Gastsänger. Für Zuspätgekommene dürfte die Beschäftigung mit dem bisherigen Schaffen von Lanz allerdings eher frustrierend sein, denn da kommt man seit 1989 grob überschlagen auf über achtzig Releases unterschiedlichster Art.