Beim Namen Amy Ray dürften INDIGO GIRLS-Fans - sollte es die unter den Lesern dieses Heftes geben - ganz unruhig auf beiden Arschbacken hin und her rutschen. Im Vergleich zu den überwiegend sanften INDIGO GIRLS ist Rays erstes Soloalbum "Stag", das in den USA bereits im März letzten Jahres veröffentlicht wurde, Punk im Sinne von Patti Smith oder den REPLACEMENTS.
Fast alle Songs besitzen eine wilde Nervosität und scheinen jeden Moment ausbrechen zu wollen. Stilistisch gibt es dabei keinen wirklich roten Faden: neben düsteren vertrackten Rocksongs wie "Hey Castrator" (zusammen mit Josephine Wiggs und Joan Jett eingespielt), extrem beschleunigten Bluegrass-Sounds in "Johnny Rottentail" (Haha!) schlägt Ray in "Measure Of Me" auch betont leise, folkige Töne an.
"Stag" besitzt eine fast schon erschreckende Bandbreite und packende Intensität, mit der hier Southern Rock, Folk und Punk mit größtmöglicher Authentizität aufeinanderprallen, darüber hinaus hat die Frau in ihren Texten noch eine echte Message.
Und für die technische Seite waren Leute wie Chris Stamey oder David Barbe (früher u.a. mal bei SUGAR) verantwortlich. Schöne Platte, auch wenn sie eine gewisse Reife des Zuhörers voraussetzt.
(9/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #48 September/Oktober/November 2002 und Thomas Kerpen