Ist Mattin nun Baske oder doch Spanier oder gar Europäer oder am Ende ganz Weltbürger? Das war die erste Frage, die mir in den Kopf kam, als ich mich etwas ausführlicher mit diesem umtriebigen Experimentalmusiker auseinandersetzte.
Besonders weil er sehr viel Wert auf Kollaborationen, Improvisation und konzeptionelles Arbeiten mit anderen Künstlern unterschiedlichster Prägung legt. Ein durchgängiges Thema sind seine sogenannten „Liederbücher“, bei denen er immer präzise und ausgearbeitete Konzepte vorgibt.
Wichtig scheinen ihm dabei auch die zeitlichen, handwerklichen Vorgaben und speziell das Spiel mit den Zahlen zu sein. In „Songbook #7“ bezieht sich demnach logischerweise alles auf die Zahl Sieben: Also sieben Tracks nach den ersten sieben Monaten betitelt, sieben Minuten lang und so fort.
Das weiterführende spezielle Thema hier ist die Auseinandersetzung mit dem wiederaufkommenden Faschismus und die Frage: Soll man diesem nun mit einer Konterrevolution, hier wird die russische vorgegeben, entgegentreten oder soll man wie die Anarchistin Germaine Berton, die auch das Cover besetzt, den politischen Gegner kaltblütig ermorden? Musikalische Unterstützung bei diesen stimmungsvollen Live-Improvisationen, die zwischen aufgesetzter Musique Concrète, konstruierten Hörspielszenen und permanent unterschwellig schleifenden Mischdrones pendeln, bekommt er von Collin Hackender, Farahnaz Hatam oder Cathleen Schuster und drei weiteren Mitstreiter*innen, so dass es insgesamt wieder sieben Aus- und Aufführende ergibt.
Dieses in sich geschlossene Konzept wird auch auf dem beiliegenden Informationsblatt erschöpfend vorgestellt. Am Ende präsentiert sich das Ganze dann doch etwas zu überladen und wirkt musikalisch sehr zäh, zahn- und belanglos.
Damit erinnert diese Inszenierung eher an eine gutgemeinte Abschlussarbeit der Musikhochschule als an wirklich ernstzunehmende und auch allgemein verständliche Gesellschaftskritik.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #133 August/September 2017 und Anke Kalau
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #144 Juni/Juli 2019 und Carsten Vollmer