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DIE HAUT DES ANDEREN

Serge Le Tendre, Gaël Séjourné

Die Stärke dieses Comics liegt in seiner inhaltlichen wie künstlerischen Vielschichtigkeit. „Die Haut des Anderen“ erzählt die Geschichte der beiden Freunde Harvey und Ross, die kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vom gemeinsamen Erfolg am Broadway träumen. Als sich Harvey jedoch freiwillig beim Militär meldet, um in Europa kämpfen zu können, werden diese Pläne ebenso auf den Kopf gestellt wie Harveys Leben zerstört und das Ende seiner Freundschaft zu Ross besiegelt. Denn bei einem Flugzeugabsturz zieht er sich schlimme, entstellende Verletzungen zu, kehrt traumatisiert zurück in die USA – und muss feststellen, dass sein Partner die gemeinsamen Pläne alleine umgesetzt sowie Harvey gänzlich aus seinem Leben getilgt hat. „Die Haut des Anderen“ verbindet hier Elemente des Horrors, des Psychothrillers und des Kriegsromans miteinander. Und trägt darüber hinaus quasi die Züge eines Film Noir in Comicform, der optisch wie emotional mit Schatten, Düsternis, Hoffnungslosigkeit und menschlicher Verschlagenheit spielt. Es regieren kalte und dunkle Farben, das einzig Grelle an der Geschichte ist physische und psychische Gewalt, mit der alles durchsetzt ist. Egal ob die Traumfabrik Hollywood, der für Glanz und Ruhm stehende Broadway, L.A. oder New York – nichts ist hier schön und glamourös. Alles ist geprägt von Schlechtigkeit, Hass, Rachegelüsten, Mord und Totschlag. Das Werk des kongenialen Autorenduos Serge Le Tendre und Gaël Séjourné wird dadurch zu einer reifen, tiefernsten Graphic Novel für Erwachsene, die neben einem unheimlich intensiven Spannungsbogen mit einem durchaus überraschenden und spektakulären Ende aufwartet.