Daniel Schweizer dürfte den meisten durch seine Dokumentation "Skinhead Attitude" bekannt sein. Nun veröffentlicht Sunny Bastards diese DVD mit zwei weiteren älteren Dokumentationen, mit jeweils knapp unter einer Stunde Spielzeit.
In "Helldorado" begleitet er eine kleine Gruppe Züricher Hausbesetzer durch ihren Alltag. Für Pauline, Dom, Sylvain, Jimmy, Jeff und Nath heißt Alltag hauptsächlich Biertrinken und Schnorren, beziehungsweise sich durch Feuerschlucken oder Autoscheibenwaschen etwas Geld "erarbeiten".
Unterbrochen wird die Routine lediglich durch die ein oder andere Herzoperation und durch ein Wiedersehen mit dem Vater. "Helldorado" kann sich der geneigte Zuschauer in französischer Sprache mit wahlweise deutschen oder englischen Untertiteln anschauen.
In der zweiten Dokumentation, "Skin Or Die" begleitet Schweizer einen Haufen ebenfalls Züricher Hammer-Skins über einen Zeitraum von anderthalb Jahren, beginnend 1996. Die teilweise einseitige Darstellung, oft nur durch undifferenzierte Wortwahl bedingt, vermittelt leider den Eindruck, als wäre diese Ansammlung von glatzköpfigen Holocaust-Leugnern und Antisemiten der Inbegriff von Skinheads.
Die Reaktionen auf diese bedauerliche Tatsache, die aus großen Teilen der dezidiert nicht-rassistischen und/oder -faschistischen Skinhead-Szene zu hören waren, haben den Regisseur wohl zu einer weiteren Dokumentation, eben jene mit dem Namen "Skinhead Attitude", veranlasst, welche ja, zumindest dem Anspruch nach, einen Komplettüberblick über die Skinhead-Szene weltweit geben will.
Eigentlich ist an der Tatsache, sich für eine Dokumentation nur einen kleinen Teil einer Szene auszusuchen, um den dann eingehender zu betrachten, ja noch gar nichts einzuwenden. Im Gegenteil, das halte ich für sinnvoller, als den Anspruch der Vollständigkeit zu erheben und an diesem zu hohen Anspruch zu scheitern.
Doch wenn man das tut, sollte man deutlich machen, dass man eben nur von dieser speziellen Gruppe spricht. Der Off-Kommentar, gerade am Anfang von "Skin Or Die" soll an diversen Stellen (vermeintliches) Hintergrundwissen einstreuen.
Zitat: "Die Skinhead-Bewegung ist in den Sechziger Jahren in Großbritannien entstanden." Soweit komm ich noch mit. "Kahl rasierte Schädel, Lederjacken, Tätowierungen, keltisches Kreuz, Hakenkreuz.
Das sind ihre Erkennungszeichen und Symbole." Wie bitte? Lederjacken? Geht's noch? Ich weiß ja nicht, was Schweizer Hammer-Skins so tragen, aber Lederjacken? Ich weiß ja nicht. Abgesehen von dieser Lederjacken-Geschichte, die ja eher zum Schmunzeln als zum Aufregen verleitet, dürften sich wohl nur wenige nicht-rechte Skinheads gefreut haben, mit solchen Fascho-Wichsern in einen Topf geworfen zu werden.
Aber wie gesagt, diese Doku ist nun auch schon wieder einige Jahre alt, und dass es mittlerweile bei dem Filmemacher angekommen ist, dass viele Skinheads alles andere als neonazistische Tendenzen haben, davon bin ich überzeugt.
Sonst würde diese DVD wohl kaum auf Sunny Bastards erscheinen. Immerhin findet sich auf dem Backcover dieser Veröffentlichung noch der Zusatz, dass es sich bei der von Schweizer gefilmten Truppe um eine "für die Skinhead-Kultur nicht repräsentative Vereinigung" handelt.
Allerdings: daran, dass die Leute von Sunny Bastards das wissen, hat ja auch nie jemand gezweifelt. Nachdem ich diese ausführliche Kritik nun losgeworden bin, widme ich mal dem Lob an dieser Doku: "Skin Or Die" ist trotz allem durchaus sehenswert, denn wenn man nicht wie ich aus dem Westerwald kommt, hat man ja - Gott sei dank - selten die Möglichkeit, einen solch nahen Blick auf die beschränkten Ansichten der "White-Power"-Deppen zu werfen.
Die DVD wartet außerdem noch mit einigen Extras auf, wie zum Beispiel der Biografie von Daniel Schweizer, einem Kommentar des Regisseurs zu "Helldorado" sowie den aus dieser Doku herausgeschnittnen Szenen.
Dazu gibt es noch ein aufwendiges Booklet, unter anderem mit einem ausführlichen Interview mit Daniel Schweizer.