Wem sind Clowns eigentlich nicht suspekt? Hinter der roten Nase und der geschminkten Visage schlummert garantiert das Böse, spätestens seit Stephen Kings "Es" sollte das jedem klar sein. Gerd Knebel und Aren Emirze wissen Bescheid.
Und schlagen von dieser, von der Psychologie als Coulrophobie bezeichneten Angst vor Clowns, eine Brücke zu dem ach so adretten Erscheinungsbild unserer modernen Gesellschaft, hinter der sich mehr Abgründe verbergen, als einem lieb sein kann.
Der eine, Knebel, den meisten wahrscheinlich als eine Hälfte des hessischen Comedy-Duos BADESALZ bekannt, geht die Thematik mit ätzendem Zynismus und absurdem Humor an. Der andere, Emirze, erfolgreich mit seiner Band HARMFUL und seinem Soloprojekt EMIRSIAN, führt mächtige Gitarrenriffs ins Feld.
Guido Lucas hat produziert - ihr wisst, was hier mächtig heißt. Wer jetzt bei ANGST VOR CLOWNS ob Knebels Komikerdasein an ein Comedy-Projekt denkt, muss sich eines Besseren belehrt sehen.
Knebel keift und spuckt Gift und Galle, mimt den Berufsverrückten und scheint kurz davor, aus dem Fenster zu springen. So gemein war er selbst zu FLATSCH-Zeiten nie. In einigen Momenten kann man ihn fast mit einem übergeschnappten Jello Biafra vergleichen, Version Hessen 1.0 selbstverständlich, der Dialekt ist halt nicht ganz wegzukriegen.
Und auch wenn er bisweilen über die Stränge schlägt und eklig wird wie in "Kleine dicke Männer", ist es doch sehr erstaunlich, wie gut er sich in das Korsett von Emirzes "zeitgemäßer" Musik - immerhin dürfte Knebel rund 20 Jahre älter sein - einfügt.
Songs wie "Stewardess", "Doktor kommte bei" oder "Metalbub" sind böse und hart und können auch einigen dieser gerade so angesagten Prog-Metal-Bands Konkurrenz machen. Hin und wieder gibt es sogar die eine oder andere verschrobene Melodie à la QUEENS OF THE STONE AGE und - na klar - FAITH NO MORE zu hören.
Bedauerlicherweise hat Emirze dem Projekt auch das eine oder andere abgeschmackte Crossover-Riff aus RINDERWAHNSINN-Zeiten untergejubelt. Dennoch ist ANGST VOR CLOWNS eine ziemlich eigenständige und nach mehrmaligem Hören sogar eingängige Angelegenheit.
Auch für Nicht-Hessen. (6)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #78 Juni/Juli 2008 und Ingo Rothkehl