Nichts könnte irreführender sein als der Name dieser Hannoveraner Punkband, von der es heißt, sie sei 1976 eine der ersten Bands in Deutschland gewesen, die diese neue Musik aus New York und England aufgriff.
Auch wenn man in Unkenntnis der Historie hinter dem Namen stumpfen, ungelenken Deutschpunk vermutet, wie er sich erst viele Jahre später entwickelte, ist die Wahrheit doch eine andere: ROTZKOTZ hatten (zu Beginn) englische Texte, und hätte ihr Name die Worte „snot“ und „vomit“ enthalten, sie wären wohl als Londoner Band durchgegangen.
STOOGES, RAMONES und KINKS waren ihre Einflüsse, sie spielten sich durch die Jugendzentren des Umlands, und erst 1979, als Punk für so manchen schon wieder von gestern war, bekamen sie die Möglichkeit, ihr erstes Album „Much Funny“ einzuspielen, das nun erstmals in digitaler Form erscheint – was schon beinahe einen Anachronismus darstellt, gehen andere Rerelease-Labels doch den umgekehrten Weg und machen nur noch LPs mit Download-Code.
Vinyl wäre auch hier das richtige Medium. Aufgenommen wurde „Much Funny“ übrigens in England, in einem Studio, das die befreundete englische Band POP RIVETS vermittelt hat – und bei den POP RIVETS handelt es sich natürlich um jene Band, in der der jugendliche Billy Childish sich austobte.
Sireena, das Label, das hinter der Neuauflage steckt, stellt die Behauptung auf, es handele sich bei diesem Album zudem um das erste selbstproduzierte deutsche Punk-Album überhaupt. Möglicherweise stimmt das, vielleicht finden Punk-Archäologen aber auch den Gegenbeweis – ich würde nicht darauf wetten.
So oder so, ein absoluter Klassiker, der beweist, dass aus Deutschland schon früh relevante Beiträge in Sachen Punkrock kamen, ist „Much Funny“ definitiv. Zu den zwölf Originaltracks kommen noch drei Bonustracks, einer davon mit deutschem Text, denn nach Erscheinen des Albums fingen ROTZKOTZ an, in ihrer Muttersprache zu singen, in der auch die Texte des zweiten Albums „Lebensfroh + Farbenfroh“ (1981) verfasst wurden.
Dessen Neuauflage ist für später in diesem Jahr angekündigt. Die CD kommt mit einem Faltbooklet mit diversen Fotos, Original-Artwork und History.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #100 Februar/März 2012 und Joachim Hiller