ROLLING STONES

A Bigger Bang CD

Es ist immer gut, wenn man als Musikschreiber eine Platte hört, ohne vorher das Presseinfo gelesen zu haben, in dem meist all die schlauen Hintergrundinfos stehen, um die der Leser den Rezensenten dann beneidet.

Interessant wird es für den Schreiber dann, wenn sein unbefangenes Urteil durch die Hintergrundinformation im Beipackzettel bestätigt wird, und so ging es mir mit dem neuen Album der ROLLING STONES: Schon als ich die Single "Streets of love" erstmals im Radio hörte, war mein Eindruck, dass die Band im 43.(!!!) Jahr ihrer Geschichte ganz klar zu ihren Wurzeln zurückkehrt, und jetzt, da ich das mit 16 Songs und über einer Stunde Laufzeit erstaunlich lange Album in Gänze hören kann, wird dieser Eindruck nur noch bestätigt - und auch durch ein Statement Jaggers, der zu den Aufnahmen befragt sagte, man habe kein Lust gehabt auf eine monatelange Mammutproduktion.

Also "reduce to the max", um einen Werbespruch zu zitieren, mit dem Ergebnis der besten, beeindruckendsten Stones-Platte seit verdammt lange. Trocken, erdig, schnörkellos und in jeder Sekunde perfekt auf den Punkt gebracht, eine Platte, die so drahtig wirkt wie Jagger selbst.

Man hat beinahe das Gefühl, hier das unerklärte Abschiedsalbum einer Legende vor sich zu haben, die noch einmal alles richtig machen wollte, die all den nassforschen Jünglingen, die sich auf sie berufen, mit coolem Understatement einen Longplayer hinknallt, der diese bis zum Tod des alten Löwen in ihre Schranken weist.

"A Bigger Bang" ist da natürlich ein absolut angemessener Titel, auch wenn er nicht gerade meine Understatement-These untermauert. Mit "Rough justice" gibt's einen kickenden Opener, der in seiner knarzigen Bluesigkeit wie ein Best Of Stones-Medley klingt, "Brown sugar" revisited quasi.

"Streets of love" wurde in seiner katzenhaften Eleganz nicht ohne Grund zur ersten Single gemacht, und was die weißen Herren mit dem knarzigen "Back of my hand" an Blues-Nummer abliefern, ist schon höllisch beeindruckend.

Die nerdige Song-by-song-Analyse freilich überlasse ich lieber anderen, für mich zählt der Gesamteindruck, und der untermauert eindrucksvoll, dass die ROLLING STONES die beste, wichtigste und größte Rock'n'Roll-Band der Welt sind.

Beweise mir jemand das Gegenteil ... Und wer weiß, vielleicht machen Jagger und Co. ja das halbe Jahrhundert noch voll. (64:11) (10)