REJESTRACJA aus Torun an der Weichsel in Zentral-Polen gehören zu den Klassiker-Punkbands der 1980er aus unserem Nachbarland. Als Punk oder Punkband im kommunistischen Polen der frühen Achtziger Jahre gelebt beziehungsweise überlebt zu haben, lässt sich mit den freiheitlichen westlichen Verhältnissen gar nicht vergleichen. Daher sage ich immer: Hut ab vor den Punks, die sich damals dem Regime gestellt haben! Bereits 1980 hatten sich REJESTRACJA gegründet und gehörten mit zu den beliebtesten Punkbands. Während der heißen Phase der Achtziger Jahre erschien 1985 lediglich ein Split-Tape mit ABADDON, da REJESTRACJA nie die Möglichkeit hatten, eine normale Aufnahme im Studio zu machen, geschweige denn eine 7“ oder LP zu veröffentlichen, was damals ausschließlich über das staatliche Label Tonpress möglich war und natürlich auch der Zensur unterlag. Lediglich zwei Songs von REJESTRACJA schafften es 1987 dann doch auf den „Jag Punk To Punk“-Sampler. Die Band existiert bis heute und von der Ur-Besetzung sind noch Sänger Grzegorz Sakierski und Drummer Tomasz Siatka mit an Bord. In den letzten Jahren haben eine Handvoll Plattenlabels angefangen, die noch auffindbaren alten Aufnahmen der wichtigsten polnischen Punkbands auf Vinyl wiederzuveröffentlichen, wie hier im vorliegenden Fall Noise Annoys Records, das den Vertrieb des Pasazer Fanzines nutzt. Auf der „Kontrola“-LP befinden sich die elf Songs vom allerersten Demo von 1982, plus fünf weitere Songs aus dem Zeitraum 1981/82. Selbstverständlich klingt das Demo voll nach Proberaum, dafür ist allerdings alles sehr gut hörbar. Es fängt sehr düster-punkig an, was etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber dann legen REJESTRACJA mächtig einen zu, und ihre schnell gespielten Hardcore-Songs hören sich auch aus heutiger Sicht noch ziemlich gut an. Als Referenz werden sowohl DISCHARGE als auch die niederländischen B.G.K genannt. 1982 waren REJESTRACJA ihrer Zeit um einiges voraus und haben mächtig für Alarm gesorgt. Mit heutiger Studiotechnik konnte der 42-jährigen Kassetten-Aufnahme ein durchaus ansprechendes Ergebnis abgerungen werden. Das Coverartwork wurde dem der Tape-Veröffentlichung angeglichen. Ein schönes Zeitzeugnis. Auf der zweiten LP „Darmowe Wczasy“ ist eine Proberaumaufnahme mit zwanzig Songs aus dem Jahr 1983 enthalten. Andere Bands im Westen hätten sich ein Bein abgefreut, wenn ihr Demo so gut geklungen hätte. Hier sind alle Instrumente zu gleichen Teilen gut zu hören, insgesamt eher wie bei einer guten Live-Aufnahme. Die Songs bewegen ausschließlich im Hardcore-Punk-Bereich und lassen sich gut an einem Stück hören. Wie auch den anderen beiden Rereleases auf Noise Annoys liegt hier ein vierseitiges Booklet in LP-Größe bei, in dem auch alle Texte enthalten sind. Aufgrund meiner Nicht-Kenntnis der polnischen Sprache kann ich zum Inhalt keine Aussage treffen, außer dass es kritische Lieder über Staatskontrolle, die polnische Armee oder die neue Generation Anfang der Achtziger Jahre sind. Zudem gibt es den Nachdruck eines Interviews aus dem amerikanischen Maximum Rocknroll-Fanzine zu lesen. Abgerundet werden die REJESTRACJA-Wiederveröffentlichungen durch die Live-LP „Juz Nie Ma Nic!“ mit einer Aufnahme vom April 1986 aus dem Od Nowa Club in Torun, der damals der einzige Ort in Torun war, wo Punkbands spielen konnten. Soundtechnisch gehört dieser Mitschnitt mit zu dem Besten, was die Band in den Achtziger Jahren zustande gebracht hat. Satte 16 Songs befinden sich auf der LP, wobei man die Entwicklung der Punkrock-Musik zur Mitte der Achtziger Jahre auch bei REJESTRACJA nachvollziehen kann. Der nordamerikanische Einfluss wurde größer, gerade auch durch Bands wie NOMEANSNO oder VICTIMS FAMILY betrifft. Es wird nicht mehr nur gebolzt, sondern es fließen durch die Bank hinweg auch rockigere Elemente mit ein. Das machte die Bands damals sehr hörenswert. Wenn man die technischen Einschränkungen der Aufnahmen auf diesen drei LPs etwas beiseite lässt, enthalten sie sehr gute Tondokumente von einer starken polnischen Punkrock-Szene während der Achtziger Jahre.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #173 April/Mai 2024 und Helge Schreiber