Große Krisen bringen große Kunst hervor. Diese These könnte man auf dieses Solowerk von Brezel Göring anwenden. Nach dem Tod seiner Lebens- und Musikpartnerin Françoise Cactus 2021 sind auch STEREO TOTAL Geschichte. Brezel G. hat sich danach für ein halbes Jahr in ein altes Schloss nach Frankreich verzogen und dort diese Songs aufgenommen. Zurück zur Frage: Ist es große Kunst geworden? Ein vorbehaltloses Ja! muss hier gerufen werden. Wahrscheinlich liegt es in der Natur der Dinge, dass dieses Soloalbum sehr zurückhaltend ausgefallen ist. Es ist immer noch der LoFi-Charme von STEREO TOTAL vorhanden, alle Songs schillern zwischen Trauer, Humor, Melancholie und einem gewissen morbiden Charme hin und her. So trashig-fröhlich wie bei STEREO TOTAL wird es allerdings nie. Natürlich gibt es todtraurige Songs, die Abschied und Verlust thematisieren, aber auch einige mit seltsam hintergründigem Humor, zum Beispiel „Psychopathia sexualis“. So klingt „Psychoanalyse (Volume 2)“ (Volume 1 wurde übrigens gar nicht veröffentlicht) wie ein LoFi-Mix aus Serge Gainsbourg-Chansons, Dagobert und ein wenig Lee Hazlewood. Und eben STEREO TOTAL, denn in dem Track „Psychoanalyse“ taucht noch einmal die Stimme von Françoise Cactus auf. Und dann wird alles ganz traurig, weil man denkt, sie ist gar nicht weg, und merkt, sie ist es doch.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #162 Juni/Juli 2022 und Gary Flanell