PRINZESSIN

Birgit Grosskopfs Spielfilmdebüt PRINZESSIN ist der rare Fall einer deutschen Independentproduktion, die sich nicht in langatmigen Kunstfilm-Bemühungen und aufgeblasenem Anspruch verliert und damit den Zuschauer zu Tode langweilt, sondern einem ein hohes Maß an ruppiger Authentizität liefert - was nicht heißt, dass hier alles vollkommen realistisch wäre -, und auch noch beim zweiten Anschauen ungemein packend ist.

PRINZESSIN ist ein insgesamt erstaunlich kraftvoller Film geworden, dessen Faszination auf der ungeschönten Betrachtung des Alltags einer Vorstadt-Mädchengang beruht, zwischen Betonsilos, schlechten Zukunftsaussichten, Langeweile, Drogen und Gewalt als probatem Mittel zur Lösung der eigenen Probleme.

Grosskopf inszeniert diese wenig einladende Tristesse glücklicherweise nicht als trübes Sozialdrama, sondern fast in der Tradition von Old-School-Exploitation mit richtig bösen Mädchen, nihilistisch und explizit brutal zugleich, vernachlässigt dabei möglicherweise etwas den sozialen Kontext und eine etwas subtilere Charakterisierung ihrer Figuren, was man ihr aber gerne verzeiht, denn dafür wird man mit wirklich tollen Darstellerinnen belohnt, deren trockener Witz einem den einen oder anderen Lacher entlockt, auch wenn das alles gar nicht wirklich lustig ist.

Vor allem unverbrauchten Gesichtern wie Henriette Miller und Irina Potapenko als Freundinnen Yvonne und Katharina ist das zu verdanken, deren Freundschaft ständig auf die Probe gestellt wird und schließlich auf ein tragisches aber konsequentes wie glaubwürdiges Ende zusteuert (und das alles auch noch zwischen Weihnachten und Sylvester), denn nichts wäre hier fataler gewesen als irgendeine Form von romantischem Sozialkitsch.

Das mag dem seriösen Filmkritiker eventuell alles etwas zu rüpelhaft sein, denn solche Terror-Girlies kann es doch gar nicht geben, die hier schamlos saufen, rauchen, tanzen, leiden und ihre sexuelle Anziehungskraft ausloten.

Aber das ist dann doch bei weitem realistischer als der Bonus-Kurzfilm MARS von Marcus Richardt, eines dieser typischen Filmhochschul-Erzeugnisse, der einem in einem kunsthandwerklichen Vakuum die lesbische Lovestory zwischen zwei jungen Mädchen verkaufen will, was wirklich herzallerliebst ist, aber tatsächlich eines nachvollziehbaren sozialen Kontextes entbehrt.