Zwischen all dem immergleichen, glatt polierten Klangmüll taucht glücklicherweise hin und wieder mal doch ein originäres Faszinosum auf, welches, anstatt mit anbiedernder Hörbarkeit zu langweilen und als geschmacksbefriedigende Dienstleitung daher zu kommen, sich ziemlich deutlich in Richtung "musikalischem Draußen" begibt.
Musik als Kunst ist hier Ausdruck von Verwirrung, Verrücktheit, Wahnsinn. OXBOW scheren sich einen Scheiß um Erwartungen und Hörgewohnheiten und bieten auf "The Narcotic Story" infernalische, langsam brennende, schleichend klagende Musik; definitiv heavy, obwohl niemals laut.
Abwechselnd cleane, aufgelöste Akkorde und crunchige Gitarren sowie ab und zu mal eine Akustikgitarre, dazu ein dezenter, präziser Bass und ein dreckig schepperndes Schlagwerk besorgen das erdige Fundament und schaffen es aus, jedem noch so kleinem Element einen mysteriösen Groove zu stricken.
Fast schon zart wird bluesiges Material filetiert und in griffig-giftige Rock-Riffs gepackt, die sich mal schleppend langsam, mal wuchtig, aber stets verwirrend und hypnotisch in die herausgeforderten Gehörgänge schieben.
Versüßend kommen gelegentlich Streicher-, Piano- oder Flötenklänge zum Einsatz, die den Kontrast zu den dreckigeren Passagen darstellen und so über die Diskrepanz eine enorme Spannung schaffen.
Über allem liegt eine verstört wirkende Stimme, die befremdlich und verwirrend an der Psyche nagt. Sänger Eugene Robinson windet sich durch die Songs, kotzt seine Seele aus, brabbelt, wimmert und schreit, dass einem Angst und Bange wird (jetzt stell dir noch einen halbnackten, finster drein schauenden Hünen vor dir auf der Bühne stehend vor und du bekommst eine ungefähre Ahnung von dem Spannungsfeld, das zwischen Faszination und Schrecken liegt).
Die Texte sind wirr und größtenteils - zum Glück? - unverständlich. Ausdruck besitzen sie dennoch genug, entfalten sie doch in Robinsons Darbietung die Kraft, den Zuhörer in einen Schwebezustand zwischen Verwirrung, Betroffenheit und Überwältigung zu versetzen.
"The Narcotic Story" ist bluesig im Material, wartet mit der Ambition und Offenheit des Jazz auf und nährt seine Spezifik aus der Wucht und Attitüde des Rock. Mit herkömmlichen Mitteln schaffen OXBOW einen Gegenentwurf zu selbigen und kreieren eine surrealistische Musik, die gar nicht "mehr" sein will, es aber sicher ist.
(45:39)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #74 Oktober/November 2007 und Konstantin Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #47 Juni/Juli/August 2002 und Uwe Kubassa
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #20 II 1995 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #65 April/Mai 2006 und Ross Feratu
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #170 Oktober/November 2023 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Konstantin Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #133 August/September 2017 und Joachim Hiller