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OLD HENRY

Der amerikanische Western ist als Genre schon einige Male abgeschrieben worden, dessen idealisierende und romantische Vorstellung bezüglich der Besiedlung der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert sich Ende der 1960er Jahren tatsächlich erledigt haben dürfte. An dessen Stelle traten nihilistische Italowestern oder Spätwestern wie von Sam Peckinpah, die ein kritischeres oder pessimistischeres Bild dieser Zeit zeichneten. Richtig totzukriegen war der Western nie, wie Clint Eastwood 1992 mit seinem oscarprämierten „Erbarmungslos“ eindrucksvoll bewies. Auch im neuen Jahrtausend gab es immer wieder hervorragende neue Western (siehe auch Tarantino), wobei in letzter Zeit der Markt von Billigproduktionen überschwemmt wurde, gegen die selbst die Karl-May-Festspiele mehr Authentizität zu bieten haben. So ein Fall schien im ersten Moment der jetzt auf DVD und Blu-ray veröffentlichte „Old Henry“ von Potsy Ponciroli zu sein, der eine recht überschaubare Filmografie vorzuweisen hat. Darin findet ein verwitweter Farmer einen mysteriösen, verletzten Mann mit einer Tasche voller Geld, dem er auf seiner Farm sicheren Unterschlupf gewährt. Allerdings nicht für lange, denn ein Trupp Männer ist auf der Suche nach ihm und dem Geld und belagert in Folge die Farm. Dabei findet eine überraschende Transformation des Farmers Henry statt, der nicht ganz zufällig denselben Vornamen wie Henry McCarty trägt, besser bekannt als Revolverheld Billy the Kid. Um den ranken sich zahlreiche Legenden, so soll er 1881 gar nicht von Sheriff Pat Garrett erschossen worden sein. Aus dieser simplen Prämisse machte Ponciroli einen höchst spannenden, atmosphärischen und ruppigen Anti-Western, auch dank des hervorragenden, herrlich zerknautschten Hauptdarstellers Tim Blake Nelson (aus „O Brother, Where Art Thou?“), dessen Gegenspieler der oft unterschätzte Stephen Dorff ist.