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NOTES ON A DIRTY OLD MAN

Frank Schäfer

Wenn man (Mann!) in den Siebzigern und Achtzigern Underground-affin sozialisiert wurde, Gymnasiast war am Ende, Student, versorgte man sich über den Verlag und Buchversandhandel Zweitausendeins mit Lesestoff. Neben den Klassikern der Beat-Literatur kam man dort fast zwingend auch mit den Büchern von Charles Bukowski in Kontakt und war typischerweise geschockt und fasziniert davon, dass Bücher mit so starker Verwendung des F-Wortes, sehr umgangssprachlicher Bezeichnungen für Genitalien, solch expliziten Beschreibungen des übermäßigen Alkohlgenusses und sowie Beschreibungen des Geschlechtsverkehrs überhaupt existierten. Das war Literatur wie Punk, wie Metal, und dass die Deutschlehrer*innen das nicht verstanden, ja verachteten, bestätigte einen nur darin, dass man auf dem richtigen Weg war. Ob ein (junger) Bukowski in Zeiten zwar auch ordinär, aber seltenst literarisch formulierender Rapper heutzutage noch seine Charme entfalten könnte, ich wage es zu bezweifeln. Gut möglich, dass der „dirty old man“ heutzutage keinen Blumentopf mehr gewinnen könnte mit solchen Büchern, zudem diese (bzw. Bukowskis Vita), wie Frank Schäfer für diese sehr lesenswerte, lexikalisch aufgebaute Biografie herausgearbeitet hat, nicht frei sind von Aspekten, die heute niemand mehr durchwinken würde, die uns damals aber gar nicht auffielen: Anflüge von Rassismus und Homophobie etwa. Diese und viele andere Details werden von Schäfer kundig und offen dargelegt, kommentiert und eingeordnet, ohne zu verurteilen, ohne den Versuch, eine Schriftsteller-Ikone reinzuwaschen oder besser darstehen zu lassen, als diese war – Bukowski starb 1994 mit 73 Jahren. Für Fans von „Hank Chinaski“ unbedingt lesenswert.