Der Norweger Paal Nilssen-Love ist ein Schlagzeugvirtuose, dessen Ideenreichtum gerade noch so eben auf sein 2007 gegründetes Label PNL passt. Die Resultate sind naturgemäß heftig und nur im weitesten Sinne Jazz.
Seine Bigband-Formationen LARGE UNIT und EXTRA LARGE UNIT improvisieren Freiform-Attacken und treten hinterrücks aus, indem sie auf jedes formale Muster verzichten. Nilssen-Love ist auf den groß angelegten Entwurf aus, wie man Musik dekonstruiert.
„New Japanese Noise“ und „New Brazilian Funk“ sind zwei Live-Mitschnitte vom letztjährigen Roskilde Festival, beide sind mit einem erschütterndem Potenzial zu verschrecken ausgestattet. Die Anwesenden, dem Applaus nach zu urteilen: völlig begeistert.
Die anwesenden Musiker hingegen, dem musikalischen Aberwitz nach zu urteilen: völlig entgeistert. Beide Konzerte gehören in die Abteilung Freejazz-Breitseite. Hier eine japanische Jazz-Formation, die die norwegisch-japanische Völkerverständigung als ungebremsten Zusammenprall versteht.
Dort öffnet eine improvisierende Funk-Band aus Brasilien dem Saxophon-Wahnsinn Tür und Tor. Nilssen-Love sorgt derweil für eine Dauerbelastung, die von seiner stroboskophaften Art, das Schlagzeug zu demolieren, ausgelöst wird.
Das ist Noise, endgelagert auf einer Freejazz-Deponie.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #142 Februar/März 2019 und Henrik Beeke