Auch bei Leuten wie Neil Young ist eine gewisse Skepsis angebracht, wenn diese innerhalb kürzester Zeit zwei Platten auf den Markt werfen. Und so folgt auf "Prairie Wind" mit seinen eher konservativen, sanften Country-Klängen nun"Living With War", wo Young den wilden Mann markiert, denn die Platte ist seine persönliche musikalische Protest-Kundgebung in Sachen Bush und US-Regierung.
Nicht die erste politische Stellungnahme von Young, man denke nur an seinen großartigen Anti-Kriegs/Nixon-Song "Ohio", allerdings hatte der Mann in den 80ern auch mal seine Liebe für Ronald Reagan entdeckt, was ihm heute selbstverständlich etwas peinlich ist und seiner Meinung nach außerdem auch vollkommen übertrieben dargestellt worden sei.
Wie auch immer, George W. kann er jedenfalls nicht besonders leiden und das lässt sich auf dieser Platte kaum überhören, was mal mehr, mal weniger subtil herüberkommt bzw. auch mal etwas naiv erscheint, auch wenn Youngs grundsätzliche Botschaft schon in Ordnung geht.
Dumm nur, dass ihm selbst die DIXIE CHICKS in dieser Hinsicht bereits zuvor gekommen sind. In musikalischer Hinsicht ist "Living With War" auf jeden Fall nicht eine der Sternstunden Youngs, die Attitüde stimmt zwar, aber man merkt der Platte doch irgendwie an, dass sie in wenigen Tagen zusammen gezimmert wurde.
Youngs Gitarrespiel ergeht sich in Selbstzitaten und könnte angesichts des Themas auch etwas radikaler sein, und auch die Sache mit dem Chor hätte man sicher effektiver gestalten können. Bush-Sprachsamples will man auch nicht mehr hören, und Tommy Brays rostige Tex-Mex-Trompete hat manchmal etwas unfreiwillig parodistisches an sich, so als ob gleich die Kavallerie angeritten käme, um uns vor den Indianern zu retten.
Young bewegt sich dabei im Spannungsfeld alter Songs wie "This note's for you" und "Rockin in the free world", dabei gelingen ihm aber keine echten Klassiker, auch wenn "Living With War" insgesamt durchaus Spaß macht und sicher eine der lebendigsten Young-Platten der letzten Zeit ist.
Während eigentlich die meisten Stücke der Platte ziemlich ausgewalzt wurden, ist der größte Fauxpas dabei sicherlich, ausgerechnet "Families" nach nicht mal drei Minuten abbrechen zu lassen.
Was hätte das für ein großartiger Song werden können. Aber auch das ist symptomatisch für die etwas schlampige Machart von "Living With War", die viel, viel besser hätte sein können und müssen.
Und zum Schluss gibt es dann mit "America the beautiful" den populäreren Gegenentwurf zu "The star-spangled banner", der amerikanischen Nationalhymne, ein nicht minder patriotischer Song, den sich Young echt hätte sparen können und der nur einen unangenehmen Beigeschmack hinterlässt.
(07/10)
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