Ich weiß gar nicht, ob es ein aktuelles Statement zur weiteren Existenz der JON SPENCER BLUES EXPLOSION gibt, deren letztes Album ja aus dem Jahr 2004 stammt. Deren Mitglieder waren seitdem eher in Nebenprojekten anzutreffen, so auch Russell Simins, der sich hier mit Dan „The Automator" Nakamura zusammen getan hat, einem Hip-Hop-Produzenten aus San Francisco und Mitglied der GORILLAZ.
Das mit dem Hip-Hop merkt man glücklicherweise nicht so, dafür hat man es bei „Naturally" mit einer schwer getuneten Rockplatte zu tun, die deutlich macht, dass Simins auf schicke, hundertspurige Hochglanzproduktionen mit fetten Beats steht, was auch bei der letzten BLUES EXPLOSION-Platte „Damage" gut rauszuhören war.
So was kann mal ganz schrecklich nach hinten losgehen, aber Simins entfernt sich dabei gar nicht so weit von seiner alten Band, hat deren Sound sozusagen Club-kompatibel gemacht, was in teilweise immer noch recht derben Gitarrenbreitseiten resultiert, ebenso wie in äußerst eingängigen, coolen Popsongs mit GARBAGE-Note.
Slicke, sexy Tanzflächen-Smasher stehen hier gleichberechtigt neben rudimentärem, ruppigen Garagerock. Insofern könnten die Männer ohne Hosen eigentlich besser RUSSELL SIMINS POP EXPLOSION heißen, denn Simins lässt hier wirkliche sämtliche Beschränkungen hinter sich und hat hier einen brodelnden postmodernen Cocktail angerührt, hemmungslos cheesy, aber ganz sicher nicht doof.
Als Ersatz für die BLUES EXPLOSION sollte man das vielleicht nicht unbedingt ansehen, extrem unterhaltsam ist „Naturally" auf jeden Fall, denn Simins ist wesentlich lockerer bei der Sache als der deutlich puristischer eingestellte Spencer.
Hinzu kommt hier noch eine nette Gästeliste in Gestalt von Mitgliedern der YEAH YEAH YEAHS, THE MOONEY SUZUKI oder BLONDE REDHEAD, neben einem gewissen Sean Lennon an den Keyboards.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #84 Juni/Juli 2009 und Thomas Kerpen