WIE ZERKNÜLLTES PAPIER

Nadar

Der sechzehnjährige Javi bekommt sein Leben nicht wirklich in den Griff. Es läuft einfach alles schief: Da wären seine psychisch kranke Mutter, die nur selten dazu in der Lage ist, das Haus zu verlassen (und das jetzt einem Einkaufszentrum weichen soll), die Schule besucht er schon länger nicht mehr und auch seine Karriere als semi-professioneller Auftragsbully führt unaufhaltsam in eine Sackgasse.

Und warum er ständig von einem zerberstenden Klavier träumt, weiß er selbst nicht wirklich. Parallel zu Javi arbeitet Nadar einen zweiten Handlungsstrang über einen wortkargen Mann aus, hinter dessen rätselhaftem Verhalten sich ein großes Geheimnis zu verbergen scheint.

Nach und nach fließen Orte und Personen ineinander und führen über einen zwar unspektakulär und sachlich gehaltenen, aber dennoch emotionalen Höhepunkt schließlich zu einem überraschenden Ende.

Ein passendes Etikett für diesen Band zu finden, ist daher auch gar nicht zu einfach, wie es zunächst scheint. Coming Of Age? Ja. Psycho-Thriller? Irgendwie auch ein bisschen. Eindeutig ist Nadar auch auf einer anderen Ebene nicht: So liefert er zahlreiche, in Handlung und (Sub)Text versteckte Metaphern und Botschaften.

Das alles gelingt ihm in eindringlichen, nur auf die nötigsten, zum Verständnis der Gefühlswelt und der Handlung der Akteure erforderlichen Striche reduzierten schwarz-weißen Zeichnungen, in gewissen Details mit grauen Schattierungen unterlegt.

In Spanien hochgelobt und preisgekrönt, ist inzwischen schon der Nachfolger seines beeindruckend einfühlsamen Debüts erschienen: „El mundo a tus pies“. Deutsch: „Die Welt zu deinen Füßen“.

Koloriert. Ob er damit an „Wie zerknülltes Papier“ herankommen kann? Man darf gespannt sein.