Anfang der 90er, nach DANCES WITH WOLVES und dem damit verbundenen Oscar-Segen, hatte Hollywood Kevin Costner noch auf Händen getragen, doch 1995, nach dem Flop von WATERWORLD, war er der Buhmann der Nation.
Seitdem war Costner natürlich immer noch als Schauspieler und Regisseur aktiv, aber die Anziehungskraft für ein Massenpublikum schien er danach nicht mehr zu besitzen. Das wird sich auch durch Bruce A.
Evans' MR. BROOKS kaum ändern, einer mit 20 Millionen für amerikanische Verhältnisse eher bescheidenen Produktion. Die beschert Costner eine extrem erinnerungswürdige, wenn auch sperrige Rolle.
Er spielt darin den schizophrenen Serienkiller Mr. Brooks, der ein perfektes Doppelleben als Geschäftsmann mit Frau und Tochter führt, wenn ihn nicht gerade sein triebhafter Tötungsdrang zum Mörder macht ("I don't enjoy killing, Mr.
Smith. I do it because I'm addicted to it."). In diesen Momenten führt er dann wunderbare Zwiegespräche mit der konkret Gestalt annehmenden anderen Hälfte seines Unterbewusstseins, gespielt von William Hurt.
Doch Mr. Brooks will das Töten eigentlich an den Nagel hängen, dumm nur, dass es für ihn zu den Anonymen Alkoholikern keine echte Alternative wie etwa die Anonymen Serienkiller gibt. Und durch eine Nachlässigkeit bei einem seiner mörderischen nächtlichen Unternehmungen hat er auch noch einen lästigen Zeugen am Hals, der sich von ihm allerdings in erster Linie einen Kick erhofft und bei einem weiteren Mord von Brooks aktiv dabei sein will ("Finding someone you think would be fun to kill is a bit like, well it's a bit like falling in love.").
Ebenfalls auf der Spur des "Thumbprint Killers" ist eine toughe Polizistin, gespielt von Demi Moore, die immer noch ein echter Hingucker ist, und die ja aus ihren diversen Schönheitsoperationen nie ein Geheimnis gemacht hat.
Costner empfiehlt sich hier jedenfalls als perfekter Antiheld, der trotz seines amoralischen Verhaltens immer noch äußerst sympathisch wirkt und seine inneren Konflikte deutlich nach Außen trägt.
Im ansonsten ausgelutschten Serienkiller-Genre ist MR. BROOKS eine echte Offenbarung, der eine betont satirische, doppelbödige Note besitzt, ohne sich völlig von den Konventionen eines Thrillers zu verabschieden beziehungsweise seinen Unterhaltungsanspruch zu vernachlässigen.
Allerdings ist der Nebenplot, wo es um die Probleme der Polizistin mit ihrem Ex geht, fast schon wieder zu viel des Guten und lenkt nur von der ansonsten wendungsreichen wie cleveren Psychopathen-Studie ab, die natürlich vollkommen überkonstruiert ist, das aber im positiven Sinne.
Die bereits seit Anfang Mai erhältliche deutsche [i]DVD enthält einen Audiokommentar von Bruce A. Evans und Drehbuchautor Raynald Gideon, Trailer, sechs Minuten deleted Scenes und drei Featurettes und sei hiermit noch mal wärmstens empfohlen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #78 Juni/Juli 2008 und Thomas Kerpen