Die Musikszene von Manchester ist in ihrer Spannbreite von (Post-)Punk (THE BUZZCOCKS, JOY DIVISION) bis hin zur Rave- und Partykultur in der legendären Haçienda, gegründet von Mitgliedern von NEW ORDER, weltberühmt. Die Stadt, die auch „Madchester“ genannt wurde, galt 1989 über die Grenzen des Vereinigten Königreichs hinaus als das musikalische Zentrum von Alternative Rock, Electronic und Dance Music mit Acts HAPPY MONDAYS und STONE ROSES. Die Haçienda hatte den Ruf, musikalisch der aufregendste Club der Welt zu sein, wie davor das Studio 54 in New York, der auch ein Vorbild für den Club in Manchester war. Der Musikjournalist Michel-Angelo Fédida verfolgt in seinem Buch die Entwicklung der legendären Bands von den Anfängen im Punk bis hin zum Britpop. Er beschreibt detailliert, wie in der Wirtschaftskrise an den siebziger Jahren eine desillusionierte, rebellische Jugend in verlassenen und verfallenden Fabrikgebäuden eine ungemein kreative Kulturszene, eine Subkultur etablierte. Paradoxerweise hängt der Erfolg der lokalen Musikszene eng mit der Deindustrialisierung zusammen, wobei sie aus eigener Kraft und völlig unabhängig von den etablierten Musiklabels die Fundamente für den „Mythos Manchester“ legte. Pop wurde durch Punk wieder politisch. 1978 wurde das Independent-Label Factory Records gegründet, das zu den innovativsten überhaupt zählte, und sich nicht um kommerziellen Erfolg scherte. In den Neunziger Jahren boomte die elektronische Musik und übte eine enorme Anziehungskraft auf Jugendliche aus der ganzen Welt aus. Fédida erzählt die spannenden Geschichte einer Stadt, die sich immer wieder neu erfinden musste und konnte.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #174 Juni/Juli 2024 und Markus Kolodziej