„Mein Liebhaber, der Killer“ – der Albumtitel wie die Texte dieser Kooperation der New Yorker Underground-Ikone Lydia Lunch mit Marc Hurtado vom französischen Künstlerduo ÉTANT DONNÉS (das neben ihm aus seinem Bruder Eric besteht und schon auf Koops mit Alan Vega, Genesis P-Orridge und Michael Gira (SWANS) zurückblicken kann) sowie Lunchs Begleitband (unter anderem mit Terry Edwards und Ian White von GALLON DRUNK) basieren auf einer wahren Begebenheit.
2012, als Hurricane Sandy sich daran machte, die Ostküste der USA zu zerstören, kam Lydia Lunch auf die Idee, einen Ex-Liebhaber zu kontaktieren, ob man sich nicht auf ein paar Drinks treffen wolle.
Zwei Tage später geriet dieser mit seiner Freundin in der Diskussion darüber, ob er nun zu diesem Treffen gehen solle oder nicht, so in Rage, dass er seine Freundin erschoss und, nachdem er die Polizei gerufen hatte, bei deren Eintreffen auf sich selbst schoss und daran einen Tag später, an seinem 55.
Geburtstag, starb. Damit muss man erstmal klarkommen. Lunch verarbeitet die Ereignisse mit diesem Album, das kein typisches Rock-Album ist, sondern vielmehr wie ein fiebertraumartiges Hörspiel wirkt.
Lunch trägt mit ihrer knarzigen Stimme den Text vor, dazu dröhnen und plinkern und mäandern Instrumente und Geräusche. Für empfindsame Menschen ist das nichts, gerade wenn man die Texte im dicken Booklet mitliest: „Most of the men I have lived with have attempted suicide at least once.
I was always disappointed that none of them actually succeeded“, sagt Lunch, und man glaubt ihr. Hier ist Verzweiflung kein gefaketes Gefühl bestens versorgter Emo-Bürschchen, hier ist die Nacht so dunkel, dass der stärkste Scheinwerfer die Finsternis nicht zu durchdringen vermag.
Dieses Album würde ich gerne mal live aufgeführt sehen, mit passenden Bildern auf eine Leinwand hinter die Bühne projiziert.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #127 August/September 2016 und Joachim Hiller