Sie sitzen immer noch in dieser Hotelbar. Im altersschwachen Fernseher läuft "Twin Peaks" und der schwere, brüchige, vom grellen Sonnenlicht gegerbte Holzkasten knarrt, wenn draußen der Blitz über den Himmel zuckt.
Direkt neben dem Fernseher quietscht die Tür zur Toilette, langweilige Stammgäste, vollgekokste Nutten und gescheiterte Existenzen wechseln sich dabei in dem uringetränkten, von Fliegengeschwirr erfüllten Kämmerchen ab.
Das LLLQ stört sich nicht weiter daran, rückt manchmal etwas nervös herum, aber lässt sich gleich danach wieder in die roten Plüschsessel fallen. Neben ihnen lebt ein Student im Diplomstress seinen Pilztrip aus, gleich gegenüber diskutiert David Lynch mit drei Jazzsängerinnen im vor Zigarettenqualm stickigen Zimmer.
Der Rauch wirkt wie eingefroren. Das Unwetter legt sich langsam, und kurze Zeit darauf hört man vom nahen Strand schon wieder wabernde Surf-Sounds, doch die Zeit scheint auch jetzt stillzustehen in diesem Raum.
Es kommt Bewegung auf, und LLLQ erheben sich, um einmal kurz Mr. Rock'n'Roll zu begrüßen, einen guten Freund, den man zwar selten trifft, aber um so öfter im Hinterkopf hat. Es folgt eine kurze Spritztour mit dem alten Buick entlang der Strandpromenade mit den an ihr zerschellenden Wellen, hinein ins morbide Nachtleben und die schmuddeligen Gassen der nahen Kleinstadt.
Irgendwann kehrt man dann erschöpft zurück und raucht noch gemeinsam einen in der Hotelbar, schwerer Whiskey und billiger Tequilla laufen auf dem Tresen zu einer farblich nicht definierbaren Pfütze zusammen.
Der Alkoholrausch trübt die Wahrnehmung zunehmend, und ein letztes Mal erhebt man sich schaudernd, bearbeitet mit Ausdauer und innerer Ruhe Kontrabass und Klavier, der gefrustete Familienvater wird sich kurz darauf im Hotelzimmer eine Etage höher erschießen.
LIQUID LAUGHTER LOUNGE QUARTET hören erst auf zu spielen, als das Blut von der Decke tropft, welches langsam aus dem weggepusteten Schädel läuft. Nachdem man gegenüber einem dieser Cops, der aussieht wie aus einem Film-Noir, seine Aussage gemacht hat, verabredet man sich für den morgigen Tag wieder im selben Hinterraum dieser kleinen Bar.
Bitte auch in Zukunft nicht aufstehen und diesen Raum verlassen. (44:27) (09/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #46 März/April/Mai 2002 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Simon Brüggemann
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #36 III 1999 und Thomas Kerpen