Zugegeben: Das Coverartwork und auch der obligatorische Beipackzettel konnten den Autor dieser Zeilen zunächst einmal nicht aus den Latschen hauen. Was zählt, ist aber bekanntlich der Inhalt. Und der verdient zweifelsohne einen zweiten Blick: Denn was der Vierer aus Buffalo im US-Bundesstaat Wyoming auf seinem neuen Studiowerk veranstaltet, ist ausgesprochen erfrischend. Das Quartett hat sich dem finster-dröhnenden Industrial-Liedgut verschrieben, verfolgt dabei allerdings eine Art Soundtrack-Ansatz. Und hier wird es interessant: Denn der „Gesang“ – über weite Strecken handelt es sich dabei eher um heiseres Geröchel – spielt meist eine gleichberechtigte Rolle im Instrumentarium. Ergo krakeelen die Vocals gefühlt immer eine Spur zu sehr im Hintergrund. Doch genau das sorgt für enorme Spannung, weil die ausladenden und blechern lärmenden Kompositionen das Hirn (das irgendwie permanent auf der Suche nach den gewohnten Fixpunkten ist) dauerhaft beschäftigen. Dezent klagende, wehmütige Melodien verleihen dem Ganzen zudem noch die nötige Prise Epik. Und zwischendurch servieren die Amis mit „Innocence of shared experiences“ dann plötzlich auch noch einen fast waschechten Post-Rock-Song. Fazit: LAMENT CITYSCAPE haben hier einen Kandidaten für die „Überraschung des Jahres“ vorgelegt.
© by Fuze - Ausgabe #94 Juni/Juli 2022 und Anton Kostudis