Klaus Nomi war eine der seltsamsten Gestalten der New Yorker New Wave Szene der späten 1970er und frühen 1980er. Dorthin war er 1973 gezogen, nachdem der 1944 geborene Künstler und Konditor erst in Essen und dann in Berlin als Opern-Kontertenor ausgebildet worden war. In New York lebte er im East Village und der Lower East Side, zeitweise mit dem Filmemacher Rosa von Praunheim, und arbeitete als ... Konditor. David Bowie stieß auf ihn, was ihm jenseits der Opernwelt die Türen in die Popwelt öffnete. 1981 erschien sein erstes, titelloses Album, und schon das Cover war seltsam: stark geschminkt, fast wie ein Harlekin, ein Kostüm wie aus einem Science Fiction. Eine Platte aus der Rubrik „Incredibly Strange Music“. Wie das uns mit 14, 15 Jahren interessieren konnte, dieser exaltierte Art-Pop mit der überbetonten Phrasierung in Nomis opernhafter Stimme und dazu Musik à la THE SPARKS? Keine Ahnung ... Ich war 15, als ich im Sommer 1983 von Nomis Tod las. Am 6. August 1983 war er in New York gestorben – an AIDS, wie die Bild-Zeitung wusste. Es war das erste Mal, dass ich mit dem Tod durch AIDS konfrontiert wurde. Auch durch diese Erfahrung wurde Nomis Debütalbum zu einem ständigen Begeleiter. Rund 40 Jahre nach seinem Tod wird Nomi nun etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil. In Stockholm läuft seit einiger Zeit eine Oper über ihn, und Monika Hempel hat nun mit diesem Buch ein umfassendes Portrait verfasst, dass die Lebensgeschichte Nomis in den Kontext von Schwulenbewegung einerseits und den musikalischen Aufbruch durch Punk und New Wave andererseits setzt. Eine wichtige Pionierleistung, denn wie sie selbst schreibt gab es bislang es außer dem Filmportrait „The Nomi Song“ von 2004 fast nichts über diesen Ausnahmekünstler und Grenzgänger. Essenziell – auch wegen der vielen Fotos.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #174 Juni/Juli 2024 und Joachim Hiller