KILLING JOKE ist eine Band, die geradezu prädestiniert scheint, sich in nostalgisch gefärbten Abhandlungen über die Einzigartigkeit ihres Debüts zu ergehen, zumal das inzwischen gut 20 Jahre zurückliegt.
In einer Zeit, die von Punk und New Wave bestimmt wurde, fügten KILLING JOKE diesem Sound noch eine heftige Dosis bollernden Hardrocks hinzu, und hatten mit Jaz Coleman auch einen Sänger, der über genügend Charisma verfügte, um die monotonen, schweren und düsteren Gitarrenwände und rudimentären Steinzeitrhythmen zusammenzuhalten, am ehesten noch vergleichbar mit BAUHAUS oder JOY DIVISION.
War der Nachfolger "What's THIS For...!" von 1981 ein ebenso großer Wurf wie das Debüt, konnte man sich über die Güte der darauf entstandenen Platten "Revelations", "Fire Dances" und "Night Time" durchaus streiten.
Jedenfalls war "Night Time" von 1985 mit dem Killersong "Love Like Blood" sowohl ein erneuter Höhepunkt, als auch der Schwanengesang einer Band, die ihrem bisherigen Werk nicht mehr etwas wirklich substantielles hinzufügen konnte.
Was danach kam war zum größten Teil Schrott an der Peinlichkeitsgrenze, zumal sich Sänger Coleman durch seinen Okkultismus-Tick immer mehr zum Affen machte - bereits Anfang der 80er hatte er sich aufgrund des nahenden Weltuntergangs kurzfristig nach Island abgesetzt.
Jedenfalls reichten der Band fünf Platten, um heute als Inspirationsquelle für Alternativerock zu gelten. Und so findet sich auf NIRVANAs "Nevermind"-Album mit "Come As You Are" sogar ein Song, der sich überdeutlich bei "Eighties" vom Album "Night Time" bediente.
Jetzt gibt es nach "Democracy" von 1996 ein erneutes Lebenszeichen sprich Studioalbum von Coleman/Youth/Geordie, also quasi die Originalbesetzung, ergänzt durch Dave Grohl am Schlagzeug - welch Ironie.
Durch die ersten fünf Nummern muss man sich allerdings wirklich durchkämpfen - ein zähes, monoton stumpfes Gemoshe, das den früheren KILLING JOKE-Sound eher mal parodiert, ebenso wie Colemans völlig überzogener Gesang.
Dann folgt mit "Loose Cannon" die Single des Albums, die noch miserabler als die Songs zuvor ist, da wäre "You'll never get me" direkt danach vielleicht passender gewesen - der einzige Song mit akzeptablem Wiedererkennungswert -, dann hätte man sich den Rest dieses miesen Albums nämlich schenken können, das scheinbar Ausdruck einer "neuen Härte" sein soll, und so vielleicht für RAMMSTEIN-Fans attraktiv sein könnte.
Auf jeden Fall wäre es schon sehr traurig, wenn jemand dieses Album kaufen würde, und es auch noch gut finden würde, ohne jemals eine der früheren KILLING JOKE-Platten gehört zu haben. Produziert hat hier GANG OF FOUR-Gitarrist Andy Gill, was aber auch zu keiner Qualitätssteigerung bei diesem höchst überflüssigen Werk führt, bei dem scheinbar jeder Möchtegernkritiker, geblendet durch die Anwesenheit von Dave Grohl, jegliche Kritikfähigkeit sofort schamlos über Bord wirft.
(2/10)
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