Jonas Engelmann, ein studierter Literaturwissenschaftler, liefert in dem Buch „Der Text ist meine Party: Eine Geschichte der Hamburger Schule“ genau dass, was der Titel verspricht. Der ist ein Zitat aus dem Song „Party“ der Hamburger Band KOLOSSALE JUGEND („Heile Heile Bosches“ 1989), die wie auch BLUMFELD, DIE STERNE oder TOCOTRONIC als „Pioniere“ einer Schule gelten, die es nie gegeben hat. Der Begriff tauchte vermutlich in einer Besprechung auf (eine zitierfähige Erstnennung konnte der Buchautor bei seinen Recherchen nicht ausfindig machen) und wurde dann, wie es in Journalistenkreisen „üblich“ ist, gerne aufgegriffen, fleißig weiter verwendet und zitiert. Entweder um nicht vorhandenes Fachwissen zu kaschieren oder aber um sich die Mühe einer differenzierten Einordnung zu sparen. Immerhin war so möglich, völlig unterschiedliche Bands und Stile auf einige wenige gemeinsame Nenner zu reduzieren: deutschsprachig, links, Indie und Hamburg. Für das Marketing war es auch ein Glücksfall – zumindest aus Labelsicht. Die Bands konnten mit dieser angehefteten Identität weniger anfangen. In dem Buch kommen viele Zeitzeug:innen (Musiker:innen, Labelmacher:innen und Grafiker:innen) zu Wort und so entsteht, wie ich finde, ein sehr detailliertes und authentisches Bild der damaligen Zeit. Zusätzlich werden noch die (für die Geschichtsschreibung) wichtigen Bands und abschließend 17 ausgewählte Veröffentlichungen vorgestellt. Begleitend dazu ist auch eine Compilation auf CD/LP mit 18 Bands bei Tapete Records erschienen. Gewidmet ist das Buch zwei verstorbenen Protagonisten: Kristof Schreuf und DJ Patex.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #175 August/September 2024 und Kay Werner