Jon Savage ist Jahrgang 1953, er war bereits Mitte zwanzig, als Mitte der Siebziger Punk losbrach, und er arbeitete als Musikjournalist für Sounds und NME. Das macht ihn zu einem der wenigen Journalisten, die Punk sowohl als Fan wie aus einer professionellen Perspektive erlebten und begleiteten.
1991 erschien „England’s Dreaming: Sex Pistols and Punk Rock“ (man beachte die etwas reißerische Hinzufügung des Wortes „Anarchie“ beim deutschen Untertitel), (s)eine umfassende Geschichte des Aufstiegs und Falls der SEX PISTOLS und deren Nachwirkungen.
Er war von 1975 bis 1978 nah dran an den Geschehnissen, wie bei vielen Büchern dieser Art ist seine Sichtweise nur eine von vielen, aber durch seine Einordnung der Punk-Revolte in die gesellschaftliche Realität des Englands der Nachkriegszeit und der Siebziger ist es wertvoll für das Verständnis des Phänomens Punk an sich.
2001 erschien eine erweiterte Neuauflage, und diese war/ist Basis der deutschen Übersetzung, die trotz ihres Umfangs, und das verrät eine kleine Notiz im Impressum, auch in der 2016er-Neuauflage eine „gekürzte Version der englischen Ausgabe“ handelt.
Wer also wissenschaftlich mit dem Buch arbeiten will, sollte sich an die Originalfassung halten –wie auch generell jene, die empfindlich auf Feinheiten von Übersetzungen reagieren. Savage wurde seinerzeit für seine angeblich zu subjektive Sicht der Dinge kritisiert, und er ist in der Tat meinungsfreudig, aber wer gerade beim Thema Musik auf die eine, objektive „Wahrheit“ setzt, wird sie sowieso nirgendwo finden.
Schade, dass Savage offensichtlich keine Lust verspürte, die SEX PISTOLS-relevanten Ereignisse und Publikationen der letzten 25 Jahre in einen ergänzenden Text einfließen zu lassen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #125 April/Mai 2016 und Joachim Hiller