„Wut ist eine Energie“ – unmöglich hätte einer wie er, hätte John Lydon, seine Autobiografie anders betiteln können. Seitdem Lydon als Johnny Rotten von den SEX PISTOLS die Welt mit Geifer, ätzendem Sarkasmus, unverhohlener und kaum gezügelter Aggression überzog und sie anders hinterließ, als sie vorher gewesen war, gilt er als ein Wütender, der wütend wütet und auf alles einen Dreck gibt.
Lydon, der Ober-Wutbürger. Mit einer Besonderheit: Im Gegensatz zu den Wutbürgern unserer Zeit ist er alles andere als spießig. Er ist vielmehr ein Kämpfer für die gute Sache. Das wird auch in „Anger Is An Energy“ klar, in dem er von seiner Kindheit in einer Siedlung erzählt, in der viele arbeitslos waren, vom Aufstieg zur Punk-Ikone und von seiner immer währenden Mission, dem Punk jeden Fake, jede Massentauglichkeit und jede Anbiederung ans Bürgerliche auszutreiben.
Lydon ist ein Exorzist der Rockmusik. Und er ist ein Kreativer. Einer, der früher als andere erkannte, was für ein ungeheuer seriöses Kunstpotenzial Punk haben kann – weswegen er PUBLIC IMAGE LIMITED gründete und die Menschen verunsicherte, verschreckte, vergraulte, weil sie Punk als hippen Trend ansahen und nicht als das, was er eigentlich sein soll: der Bruch mit jeder Tradition ohne Rücksicht auf Verluste und für die völlige Freiheit des Einzelnen.
Nicht viele seiner Mitstreiter kommen gut weg in diesem Buch. Und er selbst ist stets das Opfer. Natürlich. Ob Lydon dabei immer die Wahrheit sagt, wissen freilich nur er und die anderen – sofern sie denn noch leben.
Aber wenn es so war, wie er sagt, dann ist Lydon ein Klassiker gelungen. Ein Buch, das in seiner Radikalität einzigartig ist. Und das ist mehr, als manch anderer „Rockstar“ von sich behaupten kann.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #120 Juni/Juli 2015 und Frank Weiffen