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NICHT JUGENDFREI! – Tagebuch aus West-Berlin

Jörg Buttgereit

Jörg Buttgereits letzter Film (sieht man mal von seinem Beitrag für die Horror-Anthologie „German Angst“ von 2015 ab) war 1993 sein melancholischer, wenn auch drastischer Serienkillerfilm „Schramm“. Zuvor hatte er 1988 und 1991 mit den nekrophilen Liebesfilmen „Nekromantik“ und „Nekromantik 2“ deutsche Jugendschützer und Staatsanwälte in Aufruhr versetzt, die letztendlich daran scheiterten, dass Buttgereits provokante Low-Budget-Filme trotz geringer produktionstechnischer Mittel einen künstlerischen Anspruch hatten, der über das Niveau anderer Amateur-Horrorfilme hinausging. Das ist jetzt schon mehr als dreißig Jahre her und so wird der Name Buttgereit einem jüngeren Publikum ohne spezielles Interesse für abseitige Filme wahrscheinlich nichts mehr sagen, auch wenn der gebürtige Berliner danach noch als Fachmann für japanische Monsterfilme gefragt war und seine weiterhin vorhandenen filmischen Ideen vor allem in Hörspielen umsetzte. Zuletzt war er einige Jahre am Theater Dortmund aktiv, inszenierte dort einige gelungene, für ihn von der Thematik her passende Theaterstücke wie „Green Frankenstein“, „Besessen“ oder „Sexmonster!“ und ließ 2020 zusammen mit Mark Benecke in „Schweinchen“ ein Schwein verwesen. Buttgereit ist fester Bestandteil der Popkultur, auch wenn er nie wirklich Mainstream-tauglich war. Seine eigentlichen Wurzeln liegen indes in der West-Berliner Punk-Szene, was in seinem kürzlich erschienenen, sehr schön bebilderten und äußerst unterhaltsamen „Tagebuch“ (Autobiografie hätte wohl zu mächtig geklungen) ebenso Thema ist, wie sein weiterer Werdegang als Filmvorführer, Regisseur und Experte für Abseitiges.